Mit Popcorn in der Vorlesung bei von Harleß: Über die Gnadenmittel des christlichen Glaubens

Eine der zentralen Aussagen des Lutherischen Bekenntnisses über die Kirche ist, dass sie „die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut des Evangeliums gereicht werden“, ist (CA VII). Predigt, Taufe und Abendmahl sind die Grundkonstanten der christlichen Kirche, sie machen sie aus, sie sind vor allem anderen Aufgabe und Gabe der Kirche. Deshalb kann man nicht genug beschreiben, was es mit diesen „Gnadenmitteln“, also Geschenken Gottes an uns auf sich hat. Heute von Professor Adolf von Harleß eine kleine Zusammenfassung, die die Gnadenmittel miteinander ins Verhältnis setzt. Nebenbei macht er außerdem noch Erläuterungen zur Rolle der Prediger:

Christus kann nicht von uns ergriffen werden, es sei denn, Er habe uns zuerst ergriffen. Und ergreifen wir ihn, so ruht die Kraft und Wirkung solchen Verhaltens auf der Wirksamkeit des Christus, der uns ergriffen hat und durch die Gnadenmittel seines Wortes und seiner Sakramente in uns mächtig ist. Das ist die ebenso tröstliche, als auch alle geistliche Hoffart und alle Selbstgerechtigkeit ausschließende Wahrheit, auf welcher unsere Kirche mit ihrer evangelischen Lehre von den Gnadenmitteln ruht. Sie weist jedes ihrer Glieder zuerst und vor allem auf eine grundlegende That hin, in welcher Christus schon das Kind ergriffen, sich zu ihm bekannt und den Bund der Gnade mit ihm geschlossen hat. Das ist das Sakrament der Taufe. Die Gnaden dieses Sakraments sich aneignen, bei ihnen festhalten, zu ihnen zurückführen — darin liegt das Ziel aller kirchlichen Erziehung und Pflege. Auf eine That des Herrn an uns dürfen wir verwiesen werden und uns verweisen lassen, welche zum Siegel das Wort hat: Der Herr ist treu, auch wenn wir untreu werden; der Herr ist treu, er kann sich selbst nicht leugnen.

Nur muß diese Verweisung dann sich auf das Wort des Herrn in den Zeugnissen jener Schrift gründen, in welcher dem erwachenden Bewußtsein der ganze Reichthum jener Gnadengüter entfaltet wird, die in der Gemeinschaft ‚des dreieinigen Gottes beschlossen liegen. So kommt zur Taufe die Predigt. Was an ihr Macht hat, ist nicht der Prediger, der sich selbst oder die Macht der Kirche predigt, sondern der sich und die Kirche hinter das Wort seines Herrn zurücktreten läßt, indem er sich des Seinen selbstverleugnend entäußert und sich vom Inhalt und der Kraft des Wortes seines Herrn erfüllt zeigt. Sein Einswerden mit dem Worte hat die naturgemäße Wirkung, daß er seines Herrn Wort auch als das seinige predigt, d. h. daß seine Predigt nicht eine bloße wörtliche Wiederholung ist oder zu sein hat, sondern die Durchdringung seines Innern vom Inhalte des Wortes auch im Ausdruck darstellt. Aber die gesegnete Wirkung geht auch dann nicht von der menschlichen Predigt oder von der menschlichen Person des Predigers, sondern von der inhaltlichen Einheit der Predigt mit dem im Schriftworte niedergelegten Gnadenrath und Gnadenwillen des Herrn aus, dessen menschliches Organ der Prediger geworden ist.

Und dies im Bewußtsein der Gläubigen zu erhalten, darauf geht unsere Kirche aus, darauf soll und muß jeder ihrer wahren Diener ausgehen. Er kann und darf nichts aufkommen lassen, was Hangen an der Person oder Hangen am Amt, losgelöst von beider Stellung zum Heilswort, heißt. Wenn der Prediger sich eines Gliedes der Kirche freut, wird es nicht heißen, „weil du meine Predigt kennst“, sondern: „Weil du von Kind auf die heilige Schrift weißt“, und kein wahres Glied unserer Kirche wird mit der Predigt seines Predigers sich begnügen, ohne mit Jenen „in der Schrift zu forschen, ob es sich also verhalte.“ Klingt aber des Menschen Wort mit Gottes Wort zusammen, dann darf auch der Hörer gewiß sein, daß in des Menschen Wort Gott zu ihm rede, und darf, wenn er sich gestraft, ermahnt, getröstet, gefestigt fühlt, getrost sagen: Das hat Gott an mir gethan. Denn dieser Gott will in Seinem Wort, gepredigt von der Menschen Lippen, zu uns kommen. Wo aber sein Wort nicht ist, da ist auch Sein Geist ferner denn die Hölle von dem Himmel.

Und wenn Du geschickt zur Selbstprüfung und zubereitet durch das Wort gleichwohl im Herzen bangst, und dein Glaube schwach wird und der besondern Stärkung bedarf, um der innigsten Gemeinschaft mit dem Herrn gewiß zu werden, so steht dir zum Troste das Sakrament des heiligen Abendmahles bereit. Denn das ist den Armen und Hungrigen, den Mühseligen und Beladenen recht eigentlich zur Speise und Stärkung gesetzt. Und Leib und Seele mag in dem lebendigen Gott sich freuen, der als der verklärte Herr seinen Leib und sein Blut zur Versiegelung darreicht, daß der selbst in uns einziehe, der unsere Sünden getragen und unserer Sünden Vergebung durch Hingabe seines Leibes und Blutes erwirkt hat.

So, nicht auf unsichtliche Güter, sondern auf sichtliche Zeichen und Unterpfände ist unsere Kirche und sind wir überall da verwiesen, wo wir mit unserm Glauben uns nicht auf unseren Glauben, sondern auf gewisse und verlässige Zeichen und Thaten uns verlassen sollen, die nicht unsere, sondern unsers Herrn That und Bürgschaf,t ohne Traum und Phantasie, genannt werden dürfen. Die ganze sichtbare Kirche wäre wie ein Traum oder ein Gegenstand zweifelhafter Vermuthung, wenn nicht in lauter sichtlichen Gnadenzeichen und Gnadenmitteln der Herr in ihr sein Werk haben, aus ihnen und deren Dienst her aus die Kirche selbst erwachsen lassen, und an deren Brauch ihre Diener und Glieder binden, hiedurch sie zu bußfertigem Glauben erwecken, sie in ihm starken und ihres Glaubens Gewißheit ihnen versiegeln wollte.

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