Die immergleichen Wenden. Evangelikale Kirchenrhetorik als ermüdende Kreisdreherei

Wer sich ein wenig in der christlichen Blogosphäre bewegt, stößt über kurz oder lang auch auf evangelikale Beiträge. Und dann ist es egal, ob diese von 2010 oder 2019 sind, ein Thema findet sich immer: Die „10 Punkte, die die Kirche tun muss, um endlich gute Kirche zu werden!“-Beiträge, wir reden heute von ihnen. Klar, manchmal können es auch nur 5 sein, manchmal 7, manchmal 15. Aber das Schema bleibt immer dasselbe:

Wenn du, Kirche, das tust, was ich dir sage, dann wird alles bestens. Du hast ein riesiges Potential, das du endlich nutzen musst! Du kannst tun, was ich sage, du musst nur wollen! Das sage ich alles, weil ich dich lieb habe. Aber wehe, wenn du nicht tust, was ich sage, dann wirst du bald verenden. Und natürlich weiß ich, Blogautor, dass du das, was ich vorschlage, nicht alles umsetzen wirst. Was mich ja mit diesem Beitrag dann schon fast zum Propheten macht.

Es ist also mit diesen Beiträgen wie mit einer schlechten Ehe: Folgende Dinge musst du nur noch an dir ändern, und du wirst endlich der Mensch, den ich haben will, aber weil klar ist, dass du diese Punkte nicht ändern wirst/kannst, werden wir halt gezwungenermaßen zusammenbleiben: ich mach dann meins und du machst dann das, was du immer schon falsch gemacht hast, und schuld an der Misere wirst du sein.

Natürlich, keine Frage: An einer Sache, bei der Menschen irgendetwas tun, kann immer etwas verbessert werden. Das liegt ganz einfach daran, dass wir Menschen fehlbare Wesen sind. Die Verbesserungspunkte, die genannt werden, sind also nicht generell falsch. Sie sind aber oft sehr eintönig und lassen sich meist herunterbrechen auf: seid ein wenig mehr wie wir, und alles wird gut. Diese Aspekte wollen wir am neuesten erschienenen Punktebeitrag zeigen, der von David Brunner, Pfarrer der Evangelischen Kirche von Baden in der Gemeinde Wutachtal, geschrieben wurde.Diesmal sind es fünf „Wenden“, also relativ wenige, womit sich hoffentlich unsere Gedanken nicht zu unübersichtlich verzweigen werden.

Fangen wir also an, und laufen uns an ein paar Nebensächlichkeiten warm. Besonders in die genannte Richtung geht der immer wieder zu lesende Vorschlag, man müsse jetzt endlich mal andere theologische Abschlüsse als die der Universitäten oder Kirchlichen Hochschulen [im Folgenden unter Universität zusammengefasst] anerkennen:

An vielen theologischen Seminaren und “Bibelschulen” wird (inzwischen) so sauber theologisch gearbeitet, dass es nicht intolerant ist, solche Abschlüsse nicht anzuerkennen, sondern schlicht und einfach arrogant. Im besten Fall geschieht dies aus Unwissenheit darüber, was an diesen theologischen Hochschulen gelehrt wird. Dauerhaft ist dieses Verhalten jedoch nicht förderlich und schon gar nicht zukunftsfähig. Denn auch der evangelischen Kirche geht das Personal aus – und obendrein noch das Geld. Da ist es schon rein strukturell nur gut, wenn sie sich anderen hermeneutischen Konzepten öffnet. Wobei ich es vor allem aus inhaltlicher Sicht natürlich einen maximalen Gewinn finde, wenn sich die Landeskirche dahingehend weiterentwickelt und eine Wende einleitet, dass sie auch Absolventen von theologischen Seminaren und Bibelschulen als kirchliche Mitarbeiter anerkennt.

Wenn die Arbeitsweise der anderen theologischen Seminare vergleichbar zu der der Universäten wäre, warum dann nicht gleich an letzterer studieren? Weil diese Bibelschulen dann noch ein frommes Gefühl mitliefern? Da studiert dann also eine fromme Person, fühlt sich gut dabei, weil sie doch an einer „frommen Einrichtung“ ist, saugt unkritisch auf, was sie hört, weil es ja „fromme Lehrende“ sind, und wird insofern eine den Grenzen theologischer Aussagen gegenüber viel unkritischere Pfarrerin als ihre Schwester an der Universität. Und dann kommt da so ein „frommer Lehrer“, behauptet dasselbe, wie das, was die „Frommen“ hinsichtlich der Universität immer kritisiert haben, kleidet es aber in wunderschön fromme Sprache, und unsere Pfarrerin hat dem nun nichts mehr entgegenzusetzen.

Wenn die Arbeitsweise der theologischen Seminare aber ganz anders als die der Universität wäre, wer wollte es den Kirchen verdenken, dass sie schon einen Einblick auf das haben wollen, wie ihre zukünftigen Mitarbeiter ausgebildet werden (dann müsste man nicht mit der vergleichbaren Arbeitsqualität, sondern mit der eigenen Arbeitsqualität argumentieren!)? Natürlich, es ist nicht notwendig, Theologie zu studieren, um Pfarrer zu werden. Das ist so geordnet, weil die Kirchen es als sinnvoll betrachten, was sicher zu großen Teilen mit historischen Entwicklungen zu tun hat (Stichwort: Luther war Professor). Worauf es ankommt, ist, dass die Kirche ihre Prediger ordentlich beruft (CA 14). Wie sie entscheidet, wer berufen werden kann, das kann sie selber festlegen, das kann sich auch ändern. Das kann auch anders als durch ein Studium sein. Dann sollte man aber zunächst darüber nachdenken, was wir in der Kirche als notwendig erachten, um Prediger des Evangeliums auszubilden. Wenn wir wissen, was unser Ziel ist, dann können wir auch entscheiden, welche Wege dahin führen können und auch, ob die genannten ‚alernativen‘ Bibelschulen dazu nützen können.

Ein zweiter, wesentlich zentralerer Aspekt der Punktebeiträge ist die Forderung nach anderen Gottesdiensten:

Wieso um alles in der Welt lernen Theologinnen und Theologen in ihrer Ausbildung (Vikariat) nicht auch, wie man Gottesdienste in zeitgemäßer Form feiert mit zeitgemäßen Instrumenten und einer zeitgemäßen Sprache? Mit Elementen und Medien, die der Mensch von heute kennt und (ge-)braucht? Und damit meine ich nicht, dass man sich “die Sache mal anschaut” und das gleiche als ein nettes “Add-On” dargestellt wird, sondern dass in gleicher Intensität auch das Feiern von Gottesdiensten in anderer als in klassisch-liturgischer Form eine Rolle spielt. Wieso diese Vorrangstellung des traditionell-liturgischen Gottesdienstes?

“Aber die Bibel ist doch auch ein uraltes Buch und dennoch zeitgemäß”, höre ich dann immer wieder andere sagen. Das stimmt. Aber ich bin nicht so vermessen, meine Form des Gottesdienstes mit dem ewig gültigen Wort Gottes gleichzusetzen.

Wieso lernt man nicht von Freikirchen? Wieso schaut man nicht in die FEGs, in die ICFs und in andere freie Gemeinden? Ist man sich selbst genug? Hält man die anderen für zu fromm, abgefahren oder modern? Und wieso müssen Pfarrerinnen und Pfarrer dabei selbst auf die Idee kommen, mal über den eigenen Tellerrand zu schauen, anstatt dass dies auch “von oben” gefördert und gewünscht wird und man so wirkliche Ökumene (und nicht nur evangelisch-katholische Ko-Existenz) feiert? Oh wie schön wäre das doch, wenn kreative und innovative Theologinnen und Theologen, Pastorinnen und Pastoren mehr Gehör finden würden und nicht immer als Exoten dastünden.

[…] Bitte, bitte, liebe Kirche, lass dich auf die Wende ein und gib diesen Menschen ein Zuhause, ihrer Sehnsucht einen Ort und ihrer Spiritualität etwas, das sie wirklich erfüllt: das lebendige Wort Gottes in einem zeitgemäßen Gewand – nicht als Ergänzung, sondern als gleichberechtigte Form neben den klassischen und traditionellen Formen von Kirche.

Die Argumentation in diesem Teil ist etwas zerstückelt. Kurze Anrisse: „wirkliche Ökumene“ mit Katholiken wird durch freikirchenähnliche Gottesdienste nicht verbessert, im Gegenteil. Um Neues einzuführen, muss man das Alte verstanden haben. Freikirchengottesdienste sprechen auch nur eine ganz bestimmte Zielgruppe an. Spiritualität wird gerade auch als aus der Zeit gefallene angenommen und als glaubwürdig erachtet. Ganz allgemein: Die Verbreitung des traditionellen Gottesdienstes hat viele Gründe: Er lässt sich ‚einfach‘ feiern: Man braucht dazu nur eine Agende, nicht Band, Lichtshow und abgefahrenes Konzept. Er veraltet nicht innerhalb von fünf Jahren, sondern ist gewissermaßen „zeitlos alt“: Er beruht auf einer langen Tradition, die sich über Jahrhunderte bewährt hat. Er bringt also viel theologische Erkenntnis mit, die bleibt, egal, welcher Frömmigkeit der gerade Predigende angehört. Er ist also der Bibel nicht gleichzusetzen, aber dennoch sehr biblisch, insofern die Liturgie die Bibel atmet, statt etwas gerade Gefühltes. Vieles ließe sich hier argumentativ anführen. Vor allem aber gilt, dass seit mindestens 1970 mit alternativen Formen experimentiert wird. Es gilt auch, dass Impulse aufgenommen werden, die aus anderen Denominationen kommen. Das ist je nach Region/Landeskirche/Pfarrperson unterschiedlich. So apodiktisch ‚alt‘, wie es die Blogforderung beschreibt, ist die kirchliche Realität jedenfalls längst nicht mehr. Der Streit um den traditionellen Gottesdienst, er ist sicher so alt wie derselbe. Von oben einen „neuen“ Gottesdienst einführen (seien wir ehrlich, mit mehr als einer offiziell verbindlichen Art [für alle Gemeinden {Nachtrag}] überfordern wir [deshalb, weil schon jetzt viele von den genauen Bestimmungen der traditionellen Form überfordert sind, weil sie sich auf ihre eigenen entwickelten Formen konzentrieren. So gibt es mehr als eine Gemeinde, die die neue Stellung des Halleluja direkt vor dem Evangelium und nach dem Wochenlied noch nicht eingeführt bzw. verstanden hat {Nachtrag}]), wird nichts verbessern, sondern dann einfach diese Form zur kritisierten Form machen. Im Sinne der Konstitution der Kirche aus der Gemeinde (da, wo Evangelium gepredigt und Sakramente gereicht werden) ist das auch nicht nötig: Die Gemeinde vor Ort kann nämlich entscheiden, ob für ihre Situation von der bekannten Form mehr oder weniger oft abzuweichen ist [wie viele Gottesdienstformen sie also feiern möchte {Nachtrag}], und welche Art das bei ihr am Besten sein wird. Da muss auch nicht alles geregelt und festgelegt werden.

Ein weiterer Evergreen unter den 5 krassen Sachen ist das Thema Taufe, genauer, Säuglings- durch Bekenntnistaufe abschaffen:

Ich glaube, die Säuglingstaufe ist maximal die zweitbeste Form, wie man mit der Taufe umgehen kann. [D]ie volkskirchlich[e Legitimierung der Säuglingstaufe geschieht] dadurch, dass sie die “gratia praeveniens”, also die “vorauseilende Gnade” Gottes zum Ausdruck bringen soll oder sie soll zum Ausdruck bringen, dass Gott durch die Taufe den Menschen annimmt. Beides greift jedoch viel zu kurz – dazu reicht schon die Lektüre von Psalm 139, in dem König David Gott dafür dankt, dass er ihn wunderbar gemacht hat und ihn schon kannte und alle Tage seines Lebens schon aufgeschrieben wurden bei Gott, ehe auch nur der erste Tag schon begann. […] Taufe soll und muss Ausdruck meines Bekenntnisses zu Jesus Christus bleiben.

Der Blogschreiber ist als Pfarrer der Evangelischen Kirche in Baden ordiniert auf ein Unionsbekenntnis. Selbst für die badische Mischform, die reformierte und lutherische Aufassungen vermengt und mehr schlecht als recht zusammenwirft (wofür hier kein Platz ist), bleiben dennoch elementare Punkte seines landeskirchlichen Bekenntnisses, die ihm fremd sind: Nicht nur Luthers Katechismus, auch der reformierte Heidelberger Katechismus spricht sich eindeutig für eine Kindertaufe aus. Begründet wird das dadurch, dass die Taufe eben nicht als „mein Bekenntnis zu Christus“ verstanden wird. Durch die Taufe wird Gnade angeboten (CA 9), sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tod und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißungen Gottes lauten (Kl. Katechismus). Dem Blogschreiber und den üblichen Punkteschreibern ist zu sagen: Derhalben werden die Wiedertäufer verworfen, welche lehren, daß die Kindertaufe nicht recht sei. (CA 9) Sollen sie doch, wenn sie Fragen haben, im Großen Katechismus nachlesen. Darüber hinaus aber ist seine Auffassung über den Menschen fragwürdig: Mit seiner Deutung der Taufe als reinen Bekenntnisakt geht auch eine Deutung des Menschen als schon vor der Geburt erwählt einher. Nur um die Kindertaufe ablehnen zu können, vertritt er eine Allversöhnungslehre. Damit wird er zwar kirchlich nicht schlecht ankommen, seinem Ordinationsbekenntnis entspricht das nun aber auch wirklich nicht.

Gehen wir über zum nächsten Punkt: Kirche, lern doch endlich von anderen! Schreib doch bei den erfolgreichen Klassenkameraden, den Frei- und Pfingstkirchen ab! Oder, in Worten des Beitrags:

Ich lasse mich liebend gerne von anderen Kirchen und Gemeinden, von Theologinnen und Theologen, von Leiterinnen und Leitern, Pastorinnen und Pastoren anderer Gemeinden inspirieren. Dabei ist mir nicht wichtig, welches “Label” sie tragen, sprich: Zu welcher Kirche sie gehören. Ich will lernen. Schlicht und einfach lernen. Lernen, wie wir noch besser, noch zeitgemäßer, noch ansprechender das Evangelium verkündigen und Gemeinde leiten können, damit Menschen, die Gott noch nicht kennen, zu leidenschaftlichen Nachfolgern Jesu werden.

Damit kommen wir gleich zu zwei Dingen:

(a) Von allen ohne Blick auf Ihre inhaltlichen Besonderheiten lernen

Schon aus dem vorigen Punkt wurde deutlich, der der Autor aufgrund seines Taufverständnis sein eigenes „Label“, die Bekenntnisse seiner Kirche, missachtet. Diese Missachtung forderte er von seiner ganzen Kirche ein, wenn sie sich als lernfähig erweisen wolle (und wer will sich schon sagen lassen, dass er nicht bereit sei, zu lernen?). Im Gegensatz zu den lieblichen Phrasen, die er äußert, lässt sich also schon an dem einen Punkt erkennen, dass es ein Lernen von den anderen ohne Übernahme (von Teilen) ihres Labels nicht gibt. Lernen von den Anderen kann insofern nicht unkritisch geschehen, sondern man hat jeweils zu prüfen, ob die lustigen Dinge, die andere tun, dem Evangelium und Bekenntnis entsprechen. Das leistet der „Hurrah: Freikirchen!“-Schreiber nicht, und erweist sich insofern auch als schlechter Pfarrer seiner Landeskirche. Wer freikirchliche Gottesdienste feiern will, kann dies bei den Freikirchen tun. Dass die Kirchenleitungen da nicht alles unkritisch übernehmen, kann in dem Fall dann doch auch gute Gründe haben, zum Beispiel die der theologischen Angemessenheit solcher hübschen Formen.

(b) Höher weiter schneller noch besser, noch zeitgemäßer, noch ansprechender

In der Rhetorik des Beitrags wird besonders deutlich, was für alle Punktebeiträge gilt: Sie wollen ständig die Welt verändern. Das ist natürlich attraktiv: Wenn du dich mir anschließt, machen wir alles neu! Es ist aber nicht besonders kirchlich. „Ecclesia semper reformanda“ ist ja sowieso nur so eine reformierte Erfindung. Stattdessen gilt, wie wir schon gesagt haben: Die Kirche richtet den Blick von mir weg auf Christus hin. Sie fragt nicht nach mir und meinem Handeln, sondern spricht von Christus und dem, was er für uns tut. „Denn weder du noch ich könnten [je] etwas von Christus wissen oder an ihn glauben und [ihn] zum Herrn bekommen, wo es nicht durch die Predigt des Evangelium von dem Heiligen Geist angetragen und uns ins Herz geschenkt würde“. (Großer Katechismus)

Die Blogschreiber wollen in ihrer Wachstumsrhetorik nicht nur das Evangelium predigen, wie es unser Auftrag ist, sondern auch noch dafür sorgen, dass alle, die zur Kirche kommen, besonders leidenschaftliche Christen werden und damit etwas leisten, was nur Gott schenken kann. Sie vergessen, dass „in diesem Leben viel falscher Christen und Heuchler sind, auch öffentliche Sünder unter den Frommen bleiben“ (CA 8). Stattdessen ist die ’schwerfällige Amtskirche‘ schuld, wenn sich auch Unkraut unter dem Weizen finden lässt. Die Punkteschreiber vertreten insofern, ohne es zu merken, die Selbstoptimierungsforderung der kapitalistischen Gesellschaft, die dem Einzelnen die schuld gibt, nicht genug getan zu haben, wenn er in ihr scheitert. Das Evangelium zu predigen, als Kirche die Sakramente auszuteilen, ist unsere Pflicht, bei der wir schuldige Knechte bleiben (Lk 17, 10). Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit vor Gott erlangen wir und auch alle anderen aber nicht durch unser Verdienst, Werk und Genugtun, sondern wir werden vor Gott gerecht werden aus Gnaden um Christus willen durch den Glauben (CA 4).

Dieser Aspekt wird auch im Schlusswort des Beitrags deutlich. Da will er warnen vor kirchlichem Aktionismus (weil das ein schon bekanntes Schlagwort ist und ihm bewusst ist, dass man das vorwerfen könnte), und verfällt ihm doch in seinen letzten Worten überdeutlich.

Gott selbst ist der Ursprung allen kirchlichen Handelns, damit es nicht in menschlichem Aktivismus verfällt. Dies aber bedeutet, konkret nach seinem Willen zu fragen und mit dem Heiligen Geist zu kooperieren. Das heißt: Ihn bitten, sich zu offenbaren, zu zeigen, in Situationen hineinzuwirken, wie wir Menschen es nicht tun können. Das heißt auch: Vertrauen darauf, dass der Heilige Geist übernatürlich und unseren Verstand übersteigend wirken kann zum Aufbau des Reiches Gottes. Ich glaube, wenn wir das verstärkt tun, werden wir Aufbrüche und Erneuerung in der Landeskirche erleben. Let’s go!

Der Heilige Geist und Gottes Wille haben sich längst offenbart. Insofern gilt vor allem daran zu erinnern:

Wir glauben, lehren und bekennen, daß die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurteilt werden sollen, sind allein die prophetischen und apostolischen Schriften Alten und Neuen Testaments; wie geschrieben steht: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“, Ps. 119. Und St. Paulus: „Wenn ein Engel vom Himmel käme und predigte anders, der soll verflucht sein“, Gal. 1. Andere Schriften aber der alten oder neuen Lehrer, wie sie Namen haben, sollen der Heiligen Schrift nicht gleichgehalten, sondern alle zumal miteinander derselben unterworfen und anders oder weiter nicht angenommen werden denn als Zeugen, welcher Gestalt nach der Apostel Zeit und an welchen Orten solche Lehre der Propheten und Apostel erhalten worden.

Damit bleibt am Schluss noch Platz für ein zusammenfassendes Plädoyer: Neue Formen ausprobieren, ja gern. Auch unsere Vorfahren, die Kirche der letzten Jahrhunderte, hat immer mal wieder neue Dinge eingeführt und ausprobiert. Grundlage zur Überprüfung bleibt, wie immer, die Schrift, das Bekenntnis und die Frage nach ihrer Zweckmäßigkeit für die Ausführung des Auftrags der Kirche (reines Evangelium predigen und Sakramente spenden). Keinesfalls sollte man aber auf die Idee kommen, den Stein der Weisen gefunden zu haben und alles alte schlecht und neue gut zu finden (und umgekehrt). Kirche ist kein Museum, kein Unternehmen, kein Jugendclub und Sportverein, auch wenn sich von all diesen sicher etwas lernen lässt. Die Punktebeiträge jedenfalls werden die Kirche nicht retten, sie zu ignorieren, wird nicht zum Untergang der Kirche führen, auch, wenn sich sicher auch von ihnen an der ein- oder anderen Stelle etwas lernen lässt. Aus lutherischer Sicht lässt sich sagen: Kirche als Ort, wo Evangelium gepredigt und Sakramente gereicht werden, kann ihre Ordnungen in diesem Sinne immer nach der je notwendigen Zweckmäßigkeit gestalten. Form ist insofern unwichtig. Aber weil es Form nie ohne Inhalt gibt, also jede Form den Inhalt auch spezifiziert, entsprechen einige gewachsene Formen besonders gut dem Auftrag der Kirche, und ist die je neue Form an in diesem Gesamthorizont zu prüfen.

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