6 Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?7 Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat;8 aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.9 Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen.10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern.11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.12 Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von dem Berg, der Ölberg heißt und nahe bei Jerusalem liegt, einen Sabbatweg entfernt.13 Und als sie hineinkamen, stiegen sie hinauf in das Obergemach des Hauses, wo sie sich aufzuhalten pflegten: Petrus, Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon der Zelot und Judas, der Sohn des Jakobus.14 Diese alle hielten einmütig fest am Gebet samt den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.
Himmelfahrt. Das ist erst einmal eine recht eindrückliche Geschichte, bildhaft vorstellbar. Jesus auf einer Wolke. Höhepunkt und melancholischer Abschluss der gemeinsamen Zeit mit seinen Jüngern. Sie wenden den Blick, können den Moment nicht festhalten. Er wird nur noch Erinnerung sein. Etwas, was damals geschehen ist. So weit weg, so naiv klingend, dass im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder Menschen gemeint haben, so könne das ja gar nicht gewesen sein. Eine Wolke ist doch kein Fahrstuhl.
Aber egal, wie sie darüber denken, es geht ihnen um die historische Situation der Himmelfahrt. Die Bedeutung für uns scheint lapidar: Jesus ist eben nicht mehr auf der Erde, Punkt. Scheidepunkt. Von nun an bezeugen seine Jünger sein Wirken, predigen von ihm, handeln in seinem Namen.
Aber für uns? Für uns ist das ja die Situation, die wir vorfinden. Jesus war schon nicht mehr auf der Erde, als wir geboren wurden, als unsere Eltern und Großeltern lebten. Es ist lange her, so lange, dass kein Mensch erlebt hat, wie lang es ist. Auch, wenn wir es mit Zahlen ausdrücken und mit anderen Zeitabständen vergleichen können. Die zeitliche Distanz verführt auch leicht zu einer räumlichen: Weit weg ist der Himmel, und wir müssen hier schon was tun und sind auf uns gestellt, die Dinge in den Griff zu bekommen. Oder: Es dauert bestimmt noch lange, bis er widerkommt. Auch, wenn wir das nicht wissen. Es mag sich für uns im Alltag so anfühlen.
Egal, ob man nun der Auffassung ist, Jesus sei schon lange tot. Oder, wie das christliche Bekenntnis besagt: Er ist schon lange im Himmel, sitzt zur rechten (Seite) des Vaters. Himmelfahrt und wir, das sind irgendwie doch zwei unterschiedliche Dinge. Auch wenn wir als Christen dem Ereignis Bedeutung zukommen lassen und uns sicher sind, dass es wichtig ist, scheint es doch weniger Bedeutsam zu sein als alles andere.
Nein! ruft uns Ernst Sonnemann zu. Die Himmelfahrt ist entscheidend für unser Leben als Christen:
1. Auf Christi Himmelfahrt allein ich meine Nachfahrt gründe und allen Zweifel, Angst und Pein hiermit stets überwinde. Denn weil das Haupt im Himmel ist, wird seine Glieder Jesus Christ zur rechten Zeit nachholen.
Himmelfahrt gibt uns Perspektive. Ohne sie wäre christliche Nachfolge ein trostloses Unterfangen, ein endloses Bemühen. Ein Telefonieren, ohne dass jemand am anderen Ende der Leitung ist. Natürlich kann ich mich wunderbar aussprechen, ein wenig wird mir das vielleicht helfen. Aber es bleibt leeres Gerede, wird kein Gespräch. Das Telefon ist ausstauschbar, man kann aber auch gut darauf verzichten.
2. Weil Er gezogen himmelan und große Gab empfangen, mein Herz auch nur im Himmel kann, sonst nirgends, Ruh erlangen; denn wo mein Schatz gekommen hin, da ist hinfort mein Herz und Sinn, nach Ihm mich stets verlanget.
Durch Himmelfahrt zeigt uns Gott, dass sein Sohn sein Sohn ist. Es ist gerade kein Ereignis, welches geschieht, weil Gott das bräuchte. Es ist für uns gemacht, damit wir die Bedeutung erfassen können: Der gekreuzigte, verlorene, ist der auferstandene, heimgekehrte Sohn Gottes. Mehr noch: Himmelfahrt erinnert uns an unsere Heimat. Wir sind noch hier, aber unser Herz ist dort. Wir sind geistlich gesinnt, weil er er uns dazu bewegt. Geistliche Gesinnung ist also nicht unsere Leistung. Sie wird uns durch die Himmelfahrt geradezu eingepflanzt. Er ist es, der uns sehnen lässt.
3. Ach Herr, lass diese Gnade mich von deiner Auffahrt spüren, dass mit dem wahren Glauben ich mag meine Nachfahrt zieren und dann einmal, wann Dir’s gefällt, mit Freuden scheiden aus der Welt. Herr, höre doch mein Flehen!
Er, der uns vorausgegangen ist, wird uns zu sich holen. Nicht wir, nicht durch Berechnung der Weltenden, nicht durch Herbeiführung einer Situation, in der er nicht mehr anders könnte. Nicht wir sorgen dafür, sondern er sorgt für uns. Die Jünger, die Jesus nachsahen, konnten ihm nicht folgen. Sie bleiben zurück. Ihr Blick wird gewendet. Sie kehren zurück in ihre Welt, aber nicht, um zu vergessen: Sie beten. Sie glauben. Sie vertrauen. Sie holen den Himmel nicht auf die Erde, aber sie wissen: Er wird wiederkommen. Beides, er sitzt zur Rechten Gottes und er wird wiederkommen, beides betrifft uns. Durch seine Himmelfahrt sind auch wir dem Reich Gottes zugezogen. Von dort wird er wiederkommen, zu richten die Lebenden und die Toten.