Was haben die heilige Taufe und Whiskey gemeinsam? Richtig. Beide werden als „Wasser des Lebens“ bezeichnet. Im Unterschied zum alkoholischen Destillat von der grünen Insel trägt die Taufe diesen Ehrentitel aber zu Recht. Die mit ihr verbundenen Gnadengaben sind so zahlreich, dass sie mitunter nur schwer auf den Punkt zu bringen sind. Weshalb auch Martin Luther sagt: „Darum hat jeder Christ sein Leben lang genug an der Taufe zu lernen und zu üben.“ In diesem Sinne wollen wir uns hier noch einmal (siehe auch hier und hier) dem Sakrament der Taufe widmen. Da wir als Lutheraner auch immer wieder mit Anfragen konfrontiert werden – Warum tauft ihr Kinder? Glaubt ihr wirklich an die Taufwiedergeburt? Macht ihr nicht zuviel aus der Taufe? etc. -, soll auf diese Fragen im Folgenden eingegangen werden. Wer sich davon überzeugen möchte, dass die lutherische Lehre von der Taufe auf festem Schriftgrund ruht, der sei eingeladen, die in den Fließtext eingearbeiteten Bibelverweise nachzuschlagen. Viel Segen und Vergnügen dabei!
Was ist die Taufe?
Die Taufe ist ein Sakrament, das ist ein heiliges, wirkmächtiges Zeichen, das von Jesus Christus selbst eingesetzt wurde (Mt 28,19; Mk 16,16). Sie ist sichtbares Wort Gottes und in ihr ergeht Gottes unverbrüchliche Heilszusage an uns persönlich.
Wie wird getauft?
Getauft wird nur mit Wasser und nur im Namen des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28,19). Die Taufe kann durch Untertauchen, Übergießen oder Besprenkeln vollzogen werden. Das griechische Wort baptizein kann im biblischen Sprachgebrauch alle diese Handlungen bezeichnen (vgl. Lk 11,38; Lev 14,6 LXX).
Was bewirkt die Taufe?
Die Taufe verbindet uns mit Christus und seiner stellvertretenden Sendung in den Tod (Röm 6,3.5). In ihr legen wir unser altes Leben ab und ziehen Christus als neues Gewand an (Gal 3,27). Allein in ihm haben wir die Vergebung der Sünden, weshalb die Taufe, die uns Christus mit all seinen Wohltaten sichtbar verheißt und zueignet, auch als Abwaschung der Sünden bezeichnet werden kann (Apg 22,16; 1 Kor 6,11; Eph 5,26). Im Großen Glaubensbekenntnis, dem sogenannten Nizäno-Konstantinopolitanum von 381, bekennt die Christenheit daher: „Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.“ Der erhöhte Christus tauft uns in der Wassertaufe zudem mit dem verheißenen Heiligen Geist (Mt 3,11.16; Hes 36,25), weshalb die Taufe auch das „Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist“ genannt wird (Tit 3,5; Joh 3,5). Durch die Taufe werden wir darüber hinaus seiner Gemeinde, dem Leib Christi in der Welt, als Glieder hinzugefügt (1 Kor 12,13). Kurzum: „Mit der Taufe tritt das ganze Evangelium für die Getauften in Kraft“ (Schlatter).
Wie kann die Taufe das alles bewirken?
Die Wirkkraft der Taufe ist die Wirkkraft des Wortes Gottes. Gott sagt von seinem Wort: „Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende“ (Jes 55,11). Das Wort Gottes ist wirkmächtig (1 Thess 2,13; Jer 23,39), lebendig und kräftig (Heb 4,12), und es hat die Macht, uns von neuem zu gebären (1 Pet 1,23). Die Taufe nun, ist nichts anderes als „das Wasserbad im Wort“ (Eph 5,26). Wann immer im Namen des dreieinen Gottes getauft wird, verbindet sich sein wirkmächtiges Wort mit dem Wasser und macht es zum „Bad der Wiedergeburt“ (Tit 3,5). Deshalb ist es auch so wichtig, dass die von Jesus gebotenen Einsetzungsworte verwendet werden (Mt 28,19). Schon der Kirchenvater Augustinus (gest. 430) schreibt: „Nimm fort das Wort, was ist das Wasser dann als eben Wasser? Das Wort tritt zum Element und es wird ein Sakrament.“ Der Akt der Neuschöpfung (2 Kor 5,17), der sich durch das Wort bzw. in der Taufe vollzieht, entspricht dabei dem Schöpferwirken Gottes am Anfang der Welt (Ps 33,6.9; 2 Kor 4,6).
Kommt diese Taufgnade im Leben aller Getauften stets voll zur Wirkung?
Nein; zwar sind alle Getauften einmal erleuchtet (Heb 6,4) und durch den Heiligen Geist mit Christus und seiner Kirche verbunden worden (1 Kor 12,13), aber viele versäumen es, die sakramental empfangene Gabe Gottes auch zu bewahren oder recht für sich zu entfachen (vgl. 2 Tim 1,6). „Viele verschließen ihr durch die eigene Schlechtigkeit den Weg und machen sie so für sich wirkungslos“ (Calvin). Sie betrüben und widerstehen damit dem Heiligen Geist (Eph 4,30; Apg 7,51). Im schlimmsten Fall leben sie als „getaufte Heiden“ (Ratzinger). Bei anderen wiederum entfaltet die Taufe später wieder ihre volle Bedeutungswirkung – nämlich dann, wenn der Heilige Geist durch die Verkündigung des heiligen Evangeliums in ihren Herzen den lebendigen Glauben erneut entzündet.
Also braucht es den Glauben, um die Taufe recht zu empfangen?
Ja; Jesus selbst lehrt im Evangelium: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (Mk 16,16). Und der Autor des Hebräerbriefes lässt uns wissen: „Ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen“ (Heb 11,6). Das heißt aber nicht, dass die Gültigkeit der Taufe vom Glauben abhängig wäre. „Denn mein Glaube macht nicht die Taufe, mein Glaube empfängt die Taufe“ (Luther). Wie die Gabe, die zuerst gegeben werden muss, bevor sie empfangen werden kann, liegt auch die Taufverheißung dem Glauben sachlich voraus. Der Getaufte, der nicht glaubt, gleicht dabei einem Todkranken, der die lebensrettende Medizin ständig bei sich trägt, ohne sie einzunehmen.
Es ist also nicht unsinnig, die kleinen Kinder und Säuglinge zu taufen?
Nein; die Kinder gläubiger Eltern sind dem Herrn heilig (1 Kor 7,14; Röm 11,16). Auch ihnen gilt die Verheißung des Heiligen Geistes (Apg 2,38.39; Jes 44,3; Joel 3,1). Auch sie können vom Geist erfüllt werden (Lk 1,15; Ps 8,3), der in ihren Herzen den Glauben wirkt (Ps 71,6; Ps 22,11; Eph 2,8) und ihnen so die Vergebung der Sünden um Christi willen zueignet (1 Joh 2,12). Sie gehören daher, wie die Kinder im Alten Bund (Gen 17,7; Joel 2,16; 1 Kor 10,2), zu Gottes Volk und in seine Gemeinde (Mk 10,14; Eph 6,1). Die Taufe, die ja auch die „Beschneidung durch Christus“ (Kol 2,11.12) genannt wird, ist somit die endzeitliche Erfüllung dessen, was die äußerliche Beschneidung unter dem Alten Bund schattenhaft vorausverkündigt hat: nämlich die Beschneidung des Herzens (Dtn 30,6; Jer 4,4), „die nicht mit Händen geschieht“ (Kol 2,11), sondern inwendig in der Kraft des Geistes (Röm 2,28.29; Phil 3,3). Des Weiteren wird auch die alttestamentliche Familiensolidarität, die mit den Häusern immer auch die Kinder der Gläubigen umfasste (Gen 7,1; Jos 23,15; Spr 14,26), im Neuen Bund keineswegs aufgehoben, sondern vielmehr bestätigt (Apg 16,15.33). Insgesamt gilt somit: An den getauften Kindern veranschaulicht sich besonders deutlich, was letztlich für die Gottesbeziehung aller Christen gilt: „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1 Joh 4,19 SLT). Und: „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Mk 10,15).
Nützt uns die Taufe denn nur in dem Augenblick, da sie gespendet wird?
Nein; sie ist vielmehr das Sakrament, das „jetzt auch euch rettet“ (1 Pet 3,21). Dieses Jetzt gilt ein Leben lang und in jedem Augenblick. Die Taufe verleiht uns sozusagen das unauslöschliche Prägemal Gottes. Wann immer wir in Anfechtung geraten oder in Sünde fallen, ist sie dem Glauben ein sicheres Siegel (2 Kor 1,22), dass nichts „uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn“ (Röm 8,38). Die Taufe ruft uns aber auch zur Umkehr, indem sie uns beständig daran erinnert, „dass der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden“ (Luther), damit stattdessen Christus in uns Gestalt gewinne (Gal 4,19) und wir in der Kraft seiner Auferstehung leben. Denn: „Ein Christ sein, heißt nicht, einmal getauft sein, sondern es heißt, in der Kraft der Taufe leben und immer wieder zu ihr zurückkehren“ (Sasse).
Ist unser Glaube so schwach, dass er dieser stetigen Stützung bedarf?
Ja; er muss beständig genährt und gestärkt werden, da das empfangene Wort, wie der Herr selbst lehrt, stets in der Gefahr steht, von der Sorge der Welt erstickt zu werden (vgl. Mt 13,22). Nach wie vor geht auch der böse Widersacher umher „wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1 Pet 5,8). Jesus selbst warnt daher eindringlich: „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt“ (Joh 15,6). Wir Christen tun somit gut daran, die von Gott verordneten Mittel eifrig zu gebrauchen, um uns und unsere Lieben davor zu schützen, im Glauben Schiffbruch zu erleiden und aus der Gnade zu fallen (1 Tim 1,19; Gal 5,4).
Welches sind solche Mittel?
Das Wort Gottes ist das „Schwert des Geistes“ (Eph 6,17) und das vorrangige Gnadenmittel (1 Kor 1,17; Apg 6,4). Wo das Evangelium treu und schriftgemäß verkündigt wird, da ist es die „Kraft Gottes, die selig macht, alle die daran glauben“ (Röm 1,16). Gottes Wort ist nämlich keineswegs leer, sondern bewirkt, erhält und stärkt den Glauben derer, die es offenen Ohres hören (Jes 55,11; Röm 10,17). Entsprechendes gilt von den sichtbaren Worten, den heiligen Sakramenten Taufe und Abendmahl. „Durch diese Mittel gibt Gott den Heiligen Geist, der bei denen, die das Evangelium hören, den Glauben schafft, wo und wann er will“ (CA, V). Darüber hinaus sind uns auch das Gebet, die gottesdienstliche Gemeinschaft und die brüderliche Beichte geschenkt.
Was folgt daraus für die Taufe?
Es folgt daraus, dass die Taufe nur dann gespendet werden sollte, wenn der mündige Täufling zuvor seinen Glauben an Jesus Christus bekennt und glaubhaft versichert, auch in Zukunft von den genannten Gnadenmitteln Gebrauch machen zu wollen. Im Falle der Säuglingstaufe stehen Eltern, Paten und Gemeinde in der heiligen Pflicht: Wie die Freunde des Gelähmten, die stellvertretend geglaubt haben (Mk 2,5), tragen sie das Kind zu Jesus. Wie Noah, dessen Glaubensgerechtigkeit auch seine Nachkommen zum Betreten der Arche berechtigte (Gen 7,1), führen sie das Kind der Kirche, der rettenden Arche des Neuen Bundes, zu (1 Pet 3,21). Wie Hiob, der für seine Kinder Sündopfer darbrachte (Hiob 1,5), haben sie für das Kind zu beten. Weiterhin sind sie dafür verantwortlich, dass es baldmöglichst über die Bedeutung der Taufe aufgeklärt wird. Auch sollen sie ihm das Wort Gottes nahe bringen und es regelmäßig in den Gottesdienst mitnehmen, wo es mit ihnen unter der heilsamen Predigt des Evangeliums sitzt und der Feier der Sakramente beiwohnt.
Bild: By Nicolás Enríquez Baptism of Christ – This file was donated to Wikimedia Commons as part of a project by the Metropolitan Museum of Art. See the Image and Data Resources Open Access Policy, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57396497