Will ich nu meyne sunde vergeben haben, so mus ich nicht zum creutze lauffen, denn da finde ich sie noch nicht ausgeteylet, Ich mus mich auch nicht zum gedechtnis und erkentnis hallten des leydens Christi, […] denn da finde ich sie auch nicht, sondern zum Sacrament odder Euangelio, da finde ich das wort, das mir solche erworbene vergebunge am creutz, austeilet, schenckt, darbeut und gibt. Darumb hat der Luther recht geleret, Das, wer eyn boese gewissen hat von sunden, der solle zum Sacrament gehen und trost holen, Nicht am brod und weyn, Nicht am leybe und blut Christi, sondern am wort, das ym Sacrament myr den leyb und blut Christi alls fur mich gegeben und vergossen darbeut, schenckt und gibt. Ists das nicht klar gnug?
Martin Luther, in: D. Martin Luthers gesammelte Werke (WA) 18, 203, 39 – 204,9.
Anmerkung: Lutheraner glauben, im Einklang mit den Vätern und der ganzen Kirche entgegen Zwingli, dass Christus im Abendmahl tatsächlich „unter Brot und Wein“ uns seinen Leib und Blut zu essen und zu trinken gibt und das uns durch den Glauben an sein Versprechen mit diesem Essen und Trinken Vergebung der Sünden, Stärkung des Glaubens, Leben und Seligkeit zugeeignet wird. Gerade bei frommen Christen hört man, im Bezug auf Paulus (1.Kor. 11,29), aber oft: „Ich konnte nicht zum Abendmahl gehen, weil ich Streit hatte, weil ich mich in dieser Woche ungerecht verhalten habe, weil ich gesündigt habe.“ Luther widerspricht diesem Gedankengang heftig: Gerade, wenn uns Schuld und Sünde belastet, sind wir zum Abendmahl gerufen. Gerade dann, wenn wir voller Schuldbewusstsein zum Abendmahlstisch kommen, werden wir Trost erfahren. Denn wir empfangen dann das Abendmahl richtig, wenn wir dem Wort, nähmlich dem Versprechen Christi glauben: „Das ist mein Leib,[…] das ist mein Blut für Euch gegeben zur Vergebung der Sünden“. So schreibt Luther auch im Kleinen Katechismus.