[Eine] Kirchenverfassung, die auf dem Boden des A[ugsburger] B[ekenntnisses] stehen will, [kann] die besondere Stellung des Predigtamtes nicht ignorieren. Den weitgehenden Demokratisierungsbestrebungen, die in der Gegenwart das kirchliche Verfassungsleben bewegen, ist in Kirchen, die lutherisch bleiben wollen, hier eine Grenze gezogen. Man kann das geistliche Amt vielleicht in manchen Stücken modernisieren und dem heute herrschenden Gleichheitsstreben anpassen. Aber in seinem Kern kann es nicht beseitigt werden. Eine Kirche, die es durch die Demokratisierugswelle wegspülen ließe, hätte aufgehört, eine lutherische Kirche zu sein.
Hans Liermann, Die rechtliche Bedeutung der Bekenntnisschriften, 1969, in Bezugnahme auf CA 5.
Anmerkung zum Hintergrund: Die lutherischen Kirche glaubt (d.h sieht als biblisch und schriftgemäß an), dass man mit der Ordination in ein besonderes geistliches, von Christus gestiftetes Amt eingesetzt worden ist. Durch dieses Amt hat der Ordinierte das Recht, in der Autorität Christi dessen Wort zu verkünden und die Sakramente (Taufe, Abendmahl, Absolution – also Sündenvergebung im Namen Gottes) zu verwalten. Siehe hierzu z.B.: Melanchton in der Apologie (Verteidigung) der Augsburger Konfession Punkt 13:
„Durch das Sakrament des Ordens oder Priesterschaft verstehen die Widersacher nicht das Predigtamt und das Amt, die Sakramente zu reichen und außuteilen, sondern verstehen [es] von Preistern, die zu opfern geordnet seien. Gleich als müsse im Neün Testament ein Priestertum sein, wie das levitische Priestertum gewesen, da die Priester für das Volk opfern und den andern Vergebung der Sünden erlangen. Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen. Denn wir haben im Neün Testament nicht ein solch Priestertum, wie das levitische Priestertum war, wie die Epistel zu den Hebräern lehrt. Wo man aber das Sakrament des Ordens wollte nennen ein Sakrament von dem Predigtamt und Evangelio, so hätte es keine Beschwerung, die Ordination ein Sakrament zu nennen. Denn das Predigtamt hat Gott eingesetzt und geboten und hat herrliche Zusage Gottes, Röm. 1: „Das Evangelium ist eine Kraft Gottes allen denjenigen, so daran glauben“ usw., Jes. 55: „Das Wort, das aus meinem Munde gehet, soll nicht wieder leer zu mir kommen, sondern tun, was mir gefällt.“ Wenn man das Sakrament des Ordens also verstehen wollte, so möchte man auch das Auflegen der Hände ein Sakrament nennen. Denn die Kirche hat Gottes Befehl, daß sie soll Prediger und Diakonos bestellen.“