Essgewohnheiten – 9) Die Abendmahlslehre in der Konkordienformel Teil 3: Ablehnung der Gegenlehre und die Kernfrage des Neuen Testaments

Anmerkung: Der heutige Beitrag schließt an diesen, diesen und diesen vorausgegangenen Beitrag an, welche die Probleme, die bereits vor reichlich vierhundert Jahren in der Konkordienformel behandelt wurden und in der modernen Ökumene erfolgreich als Lösung verkauft wurden bzw. heute noch werden, benennen.

Einleitung

Der VII. Artikel der Konkordienformel versteht sich als Auslegung und Verteidigung der Confessio Augustana invariata von 1530. Er wehrt sich gegen diejenigen, die unter dem evangelisch-lutherischen Namen „wider ihr Gewissen“, also ohne der Wahrheit die Ehre zu geben, die Augsburgische Konfession gegen ihren Wortlaut und ihre Absicht, also verkehrt, deuten.

Die Verkehrung des Bekenntnisses liegt in der Behauptung, daß CA X mit der Lehre der Sakramentsschwärmer, also der Abendmahlslehre Zwinglis, Calvins, des Heidelberger Katechismus oder der Confessio Helvetica Posterior (1562), „ganz übereinstimme“.

Damit richtet sich die Konkordienformel gegen eine ähnliche Front, wie sie in der sog. Leuenberger Konkordie von 1973 wieder aufgetaucht ist.

 

C. Die Ablehnung der Gegenlehre

Zur Verteidigung dieser auf die Bibel gegründeten lutherischen Lehre folgt nun die Verwerfung der Irrlehren. Sie unterstreicht die kirchenverbindende und die kirchentrennende Kraft des Abendmahlsbekenntnisses. Wo ein solches Nein fehlt wie in der Leuenberger Konkordie, ist auch die assertorische Aussage des Bekenntnisses, ist auch das Ja zu dem biblischen Jesus nicht echt,

Drei der neunzehn Verwerfungsaussagen gelten den papistischen Irrlehrern, dreizehn den Irrlehrern der Sakramentsschwärmer, weil vornehmlich sie die wahre Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Sakrament leugnen. Drei Verwerfungen, nämlich die dreizehnte, vierzehnte und fünfzehnte, sind auf beide zu beziehen.

     I. Die Ablehnung papistischer Irrlehren

Papistische Irrlehren und Missbräuche sind die Lehre von der Wandlung (Transsubstantiation), von der Opfermesse für Lebende und Tote und vom Entzug des Laienkelchs aufgrund der Konkomitanzlehre. Hierher gehören aber auch die 13., 14. und 15. Verwerfung schärmerischer Irrlehren, so die tridentinische Lehre, „dass die Würdigkeit nicht allein im wahren Glauben, sondern auf der Menschen eigener Bereitung [be]stehe“; ebenso die Lehre, daß die Elemente angebetet werden sollen.

Dagegen soll Christus selbst, wie Er im Abendmahl gegenwärtig ist, im Gottesdienst „im Geist und in der Wahrheit“ angebetet werden. Sonst wären wir wie ein „arianischer Ketzer“.

     II. Sakramentiererische Irrlehren

Solche Irrlehren sind die gegen die biblische Meinung erfolgende Umdeutung der Einsetzungsworte, wenn sie „durch tropos oder figürliche Deutung auf einen anderen, fremden Verstand gezogen werden“; die der Umdeutung folgende Leugnung der mündlichen Genießung und die Lehre der allein geistlichen Genießung;

die Wertung der Elemente als bloße Kennzeichen der Christen, als Wahrzeichen (symbola) oder Gedenkzeichen (signa memorialia) des abwesenden Leibes Christi, oder als äußerliches Pfand (pignus) zur Versicherung, daß der Glaube im Himmel Leib und Blut Christi so wahrhaftig empfange, wie wir im Abendmahl mit dem Munde die äußerlichen Zeichen (externa symbola) empfangen;

die Lehre, daß folglich Christi menschliche Natur „die wahre wesentliche Gegenwart seines Leibes und Blutes in Seinem Abendmahl“ nicht zulasse, die unio sacramentalis alse de analogia signi et signati, d.h. gleichnishaft zu verstehen sei, weil Christi Leib durch die Himmelfahrt an einen Ort im Himmel gebunden sei, und die Gläubigen vom Brot „mit ihrem Glauben an den Ort [des Leibes Christi] im Himmel“ gewiesen werden;

oder „daß im Abendmhal dem Glauben [den] allein das Verdienst des abwesenden Leibes Christi ausgeteilt werde“, da nicht die Einsetzungsworte, sondern der Glaube den Leib Christi gegenwärtig mache, die Ungläubigen also „allein Brot und Wein empfangen“.

Endlich verwerfen die Bergischen Väter die vorwitzigen, spöttischen, lästerlichen Fragen und Reden, die aus der Leugnung der mündlichen und der Gottlosen Genießung entsprungen sind, und „die auf kapernaitische Weise von den übernatürlichen, himmlischen Geheimnissen des Abendmahls vorgebracht werden“.

Die Verwerfungen zeigen, wie eng die Abendmahlslehre der Konkordienformel mit der Christologie zusammenhängt. Auf den Einwand der Sakramentierer: „Wenn der Leib Christi zugleich im Himmel und auf Erden gegenwärtig sei, könnte es kein rechter menschlicher Leib sein“ antwortet der VIII. Artikel der FC: Von der Person Christi.

     III. Was FC VIII zur Abendmahlslehre sagt

Bei der engen Verbindung der Abendmahlslehre mit der Christologie ist es kein Wunder, daß die Konkordienformel auch in der Lehre von der Person Christi auf das Abendmahl hinweist.

Nach der Lehre von der persönlichen Vereinigung der Naturen Christi (unio personalis oder hypostatica), die „nach dem Artikel von der Heiligen Dreifaltigkeit das größte Geheimnis im Himmel und auf Erden ist“, und nach der Lehre von der „Gemeinschaft der Eigenschaften der Naturen“ in Christuskommt die Konkordienformel bei der Erklärung und Verteidigung dieser Lehren auch auf die Abendmahlslehre zu sprechen: „Um dieser persönlichen Vereinigung und der Gemeinschaft beider Naturen in der Person Christi Willen wird Christus nach dem Fleisch zugelegt, was Sein Fleisch seiner Natur nach nicht haben kann, nämlich daß  es eine lebendig machende Speise und Sein Blut ein lebendig machender Trank sei“. Dafür wird (nach Joh 6, 53-58) auf das Ökumenische Konzil von Ephesus (431 n.Chr., gegen Nestorius) hingewiesen.

Das Abendmahl bezeugt also, daß Christus „auch nach der menschlichen Natur, nach der Er Fleisch und Blut hat, bei uns sein und wirken will“. Dafür wird Luthers Großes Bekenntnis vom Abendmahl (1528) angeführt: Da „außer diesem Menschen kein Gott ist, so muß folgen, daß Er auch nach der dritten, übernatürlichen Weise allenthalben sein möge, wo Gott ist, auch nach der Menschheit“.

Wo „Christo nach Seiner Menschheit solche Majestät entzogen wird, wird den Christen ihr höchster Trost genommen“.

Schluß: Alle Ausführungen der Konkordienformel über das Heilige Abendmahl zeigen, daß die Abendmahlslehre für die Bergischen Väter nicht ein geringfügiges unterscheidendes Merkmal zwischen den Konfessionen ist, über das man hinwegsehen dürfte, wenn die Frage nach der Kirchengemeinschaft gestellt wird. Die Abendmahlslehre hängt mit der Auslegung der Bibel und mit der Kernfrage des Neuen Testamentes: „Wer ist der?“ (Mk 4,41) aufs engste zusammen. Beugen wir uns dem biblischen Jesus als unserm Herrn und unserm Gott, dann wird das Geheimnis des Glaubens und das Wunder des Empfangs des Leibes und Blutes Christi im Heiligen Abendmahl gewahrt und damit der hohe Ernst und die große Freude des Altarsakraments.

 

Aus: Günther Schlichting, Die Abendmahlslehre der Konkordienformel (1980), In: Ders.: Der Schatz im Acker. Theologica et Ratisbonensia. Fürth 1986, S. 178-180.

 

 

 

 

 

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