„dass ich mir mein Leben nicht selbst sauer mache“ – Ein Gebet für alle, die im Pfarrdienst stehen

Das folgende Gebet wurde um 1620 von Friedrich Balduin verfasst. Aber es bietet Anregungen, wie auch heute noch gebetet werden kann.

 

O allmächtiger Gott, barmherziger himmlischer Vater,

ich danke dir von Herzen, dass du mich armen unwürdigen Menschen aus lauter Gnade an diesen Ort gebracht und mir Kirche und Schule anvertraut hast. Dein heiliger Name sei dafür gelobt und gepriesen in Ewigkeit. Ich bitte dich herzlich, regiere mich stets mit deinem heiligen Geist. Gib mir Weisheit und Verstand, Einsicht, Urteilsvermögen und Gedächtnis, dass ich meinem Amt in allen Stücken – mit Predigen, Lesen, Diskutieren und Schreiben – wohl vorstehe und mich so verhalte, dass du, lieber Gott, und alle frommen Leute ein herzliches Wohlgefallen an meinem Tun und Lassen haben und durch meinen Dienst viele Menschen zur ewigen Seligkeit befördert werden. Gib Gnade, o Herr Gott, dass ich nichts Anderes lehre und selbst verwerflich werde, sondern in Lehre und Leben meinen Zuhörern in Kirche und Schule ein gutes Beispiel gebe und viele tausend Menschen zu dir führe, dass ich mit ihnen die ewige Freude und Seligkeit genießen möge. Ach lieber Herr Gott, gib mich nicht dem Willen meiner Feinde preis, errette mich aus ihren Händen. Regiere ihr Herz, dass sie friedlich und sanftmütig mit mir leben. Regiere auch mein Herz mit dem Geist des Friedens und der Einigkeit, dass auch ich mich mit jedermann friedlich und wohl vertrage, niemandem Ursache zum Zank gebe, das Unrecht mit Geduld überwinde und mir mein Leben nicht selbst sauer mache. Gib mir einen gesunden Leib. Nimm alle Beschwerungen aus meinen Gliedern. Herr unser Gott, sei du mein Arzt, lindere meine Schmerzen und wenn es dein Wille ist, nimm mich nicht hinweg in der Hälfte meiner Lebenszeit, sondern lege mir Jahre und Tage zu nach deinem Wohlgefallen. Es sei deiner Kirche und meinen Kindern zum Besten. Behüte mich vor falscher Lehre. Erhalte mein Herz bei dem Einen, dass ich deinen Namen fürchte, und bei deiner Wahrheit beständig bis an mein Ende verharre. Gib all den meinen, was uns an Seele und Leib nützlich und gut ist. Behüte uns vor Feuer und Wassersnot, vor Dieben und bösen Nachbarn, vor Krankheit und Seuchen und lass uns die Gesegneten des Herrn sein und bleiben. Gib deiner Kirche den erwünschten Frieden, wehre den Kriegen, damit wir in stiller Ruhe und Frieden, wie es Christen gebührt, unser Leben vollenden. O lieber Herr Gott, lass nicht zu, dass ein einziger meiner Zuhörer, die du in Kirche und Schule mit anvertraut hast, verloren geht! Heilige sie in deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Lass mich mit ihnen dermaleinst in Freuden ewig leben. Das alles wollest du, o barmherziger Vater, aus Gnade tun, um das teure Verdienst und starke Vorbild deines lieben Sohnes Jesus Christus willen, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit. Amen.

 

Aus: Erausmus Schmidt, Oratio Funebris, Wittenberg 1627

One thought on “„dass ich mir mein Leben nicht selbst sauer mache“ – Ein Gebet für alle, die im Pfarrdienst stehen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert