Die Bibel sagt, die Wissenschaft aber spricht. Die „neuen Evangelikalen“ und die progressiven Probleme der postmodernen Freischwimmergeneration

Edit: im Nachhinein ist uns aufgefallen, dass die Überschrift missverstanden werden könnte, im Sinne einer ablehnenden Haltung unsererseits gegenüber theologischer Wissenschaft. Das wäre ein Missverständnis unseres Anliegens. Wir finden theologisch-wissenschaftliches Arbeiten wichtig und unumgänglich, schätzen aber nicht, wenn bestimmte Forschungsergebnisse auf unwissenschaftliche Art und Weise zu einer unhintergehbaren Norm erhoben werden.

Rolf Krüger, ehemaliger Leiter von Jesus.de und mit anderen ehemaligen Evangelikalen selbsternanntes Aushängeschild des postevangelikalen „progressiven“ Christentums hat eine Replik auf einen selbstkritischen Beitrag des Evangelikalen und an „Biplipedia“ beteiligten Bloggers Markus Till geschrieben, in der er sich der Schlusszeilen des Tillschen Beitrags annimmt, welche bei aller Selbstkritik doch nochmal Werbung für die Evangelikalen machen wollen. Soetwas kann ein Postevangelikaler natürlich nicht stehen lassen und so schreibt er eine Zusammenfassung darüber, wie Postevangelikale denken. Für Lutheraner, die weder dem einen, noch dem anderen Lager nahestehen, ist das eine nette Gelegenheit, der selbsternannten Zukunft des Christentums auf die Finger zu schauen, geht es doch in Krügers Beitrag um das Verhältnis zur Schrift, insofern also um der Lutheraner liebste Frage.

Krüger beginnt, indem er als Feindbild die Aussage „Die Bibel sagt“ notiert. Dahingestellt, ob Till diese Aussage wirklich trifft, sie begegnet einem durchaus im selbsternannt frommen Umfeld. Dagegen haben wir bereit früher angemerkt, dass zum Bibelverständnis mehr gehört, als das Lesen der Buchstaben (u.a. hier und hier): Dazugehört nämlich unter anderem auch, die einzelne Bibelstelle unter Beachtung der ganzen Bibel zu lesen und sich auslegen zu lassen („die Schrift legt sich selbst aus“), Gattung, Sprache, historische Umstände, Aussageabsichten usw. zu beachten und sich des eigenen Zugangs zur Schrift bewusst zu werden.

Interessanterweise hat sich auch Jochen Teuffel mit der Frage beschäftigt, warum die Formulierung, „die Bibel sagt…“ problematisch ist. Hier ist nicht der Ort, diesen Beitrag detailliert auszuwerten. Bedeutsam ist nur, wie anders als Krüger Teuffel seine Forderung nach Differenzierung begründet. Er schreibt u.a.:

Wir lesen [in der Bibel] nicht nur von Gottesworten, sondern auch davon, was das Gotteswort bei Menschen ausrichtet, wie Menschen darauf antworten, wie sie mitunter dem Herrn widersprechen, ihn in Abrede stellen, wie Menschen scheinbar gottfromm daherreden und doch bei Gott nicht Recht haben (so Hiob 42,7-9) oder wie der Teufel das göttliche Wort selbst in den Mund nimmt, um damit Jesus in der Wüste zu versuchen (so Matthäus 4,5f). All das wird übergangen, wenn die ganze Bibel unterschiedslos als Gottes Wort identifiziert wird. […] In der Gleichsetzung von Bibel und Gotteswort werden nämlich göttliche Inspiration und göttliche Autorisation miteinander verwechselt. Nicht jedes Wort in der Bibel ist göttlich autorisiert. So heißt es ja gleich im ersten Vers von Psalm 14: „Es ist kein Gott.“ Wahrlich kein Gotteswort, sondern Herzenssprache von Toren, wie es der Vers ausweist.

Wird die göttliche Inspiration der Heiligen Schrift gelehrt, heißt dies zunächst, dass der Wortlaut der „prophetischen und apostolischen Schriften des Alten und Neuen Testaments“ sich nicht menschlich-religiösem Erfindungsgeist verdankt, sondern in Gottes Sinne überliefert worden ist. Daher ist mit Balthasar Mentzer (1565-1627) zu bekennen: „Alles, was zu Gottes heilsamer Erkenntnis und zum seligmachenden Glauben und zu gottseligem Wandel in diesem Leben uns vonnöten ist, das steht vollkommen und ohne Mangel in der Heiligen Schrift, die daher den Namen hat, dass sie ist eine vollkommene Regel und Richtschnur der seligmachenden Wahrheit.“[3] Dass der Kanon göttlich inspiriert worden ist, erschließt sich dank des internen Zeugnisses der Heiligen Geistes im Lesen der Heiligen Schrift, und zwar dort, wo Gottes Wort als heilswirksames Lebenswort geglaubt werden kann. Dazu sind jedoch Unterscheidungen innerhalb der Schrift erforderlich.

Drei Unterscheidungen der biblischen Worte werden von Teuffel dargestellt:

(1) Status: Ist das jeweilige biblische Wort explizit dem dreieinigen Gott selbst zugeschrieben oder zeigt es sich als Menschenwort?

(2) Adressierung des Gotteswortes: Wer ist mit dem jeweiligen Bibelwort angesprochen, a) ein einzelner Mensch (wie zum Beispiel Abraham in 1Mose 22), b) die Menschheit, c) das Volk Israel oder aber d) die Kirche Jesu Christi?

(3) Modus: Sind wir mit einer unerfüllbaren Gottesforderung auf unser eigenes Sündersein angesprochen oder erhalten wir in Jesus Christus ein bedingungsloses Heilsversprechen, das auf Glauben aus ist?

Wird die Schrift mit Blick auf diese Unterscheidungen selbstbezüglich gelesen, dann, so Teuffel

[…] werden ihre Worte relativiert, aber nicht als menschliche Ersinnungen, sondern auf Jesus Christus hin, von dem es ja im Brief an die Hebräer heißt:

Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn, den er eingesetzt hat zum Erben über alles, durch den er auch die Welt gemacht hat. Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort und hat vollbracht die Reinigung von den Sünden und hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe und ist so viel höher geworden als die Engel, wie der Name, den er ererbt hat, höher ist als ihr Name.“ (Hebräer 1,1-4)

Man mag nicht allen Aussagen Teuffels zustimmen, bedeutsam ist aber, wenn man das oben gesagte nun mit dem vergleicht, was Herr Krüger in seiner Entgegnung auf Till formuliert, bei dem er ja auf denselben Sachverhalt (man sollte nicht „die Bibel sagt …“ sagen) eingeht:

[Progressive Christen] nehmen die Bibel im Gegenteil ernst als das, was sie ist, nämlich als eine Sammlung historischer Texte, ohne Frage voll tiefer Weisheit und heiliger Berührung. […] Schließlich sind die Texte über einen langen Zeitraum von völlig unterschiedlichen Menschen in völlig unterschiedlichen Kulturen und mit völlig unterschiedlichen Textgattungen entstanden.

Dass die Texte an sich von den Autoren mit besten Wissen und Gewissen und in großer Ehrfurcht vor Gott aufgeschrieben wurden und deshalb verlässliche zeitgeschichtliche Zeugen sind, und dass darüber hinaus in den Texten tiefe, heilige Weisheiten stecken, die oft auch noch für heute sehr relevant sind, das alles steht auch für progressive (und historisch-kritische) Christen außer Frage.

Schon in diesen ersten Worten fallen Probleme der selbsternannten Progressiven ins Auge:

Obwohl behauptet wird, man vertrete keinen Absolutheitsanspruch der eigenen Überzeugungen, wird doch gleichzeitig behauptet, dass die eigene Sichtweise die einzig richtige und mögliche Sichtweise sei: So, wie wir es betrachten, ist es und muss es auch für alle anderen gelten. Negiert wird, dass andere, gestützt auf das Zeugnis der biblischen Schriften selber, davon ausgehen, dass diese nicht nur großartige zeitgeschichtliche Zeugen mit netten Weisheiten sind, sondern vom Geist eingegebene, oder wie es in 2. Petr 1,20 formuliert wird: getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen in Gottes Auftrag geredet. Allein die Möglichkeit einer solchen Sichtweise wird negiert und mit ihr nicht nur der Anspruch, der in der Heiligen Schrift immer wieder aufleuchtet, zurückgewiesen, sondern auch Vertreter einer solchen Sichtweise aus dem weiten Wahrheitsraum der Progressiven ausgeschlossen. Obwohl jeder Mensch seine eigene Wahrheit haben darf, gilt am Ende doch das, was einige wenige Vordenker diktieren.

Aber weiter bei Krüger, jetzt beschreibt er, wie heutige Evangelikale wohl die Bibel verstehen:

Die meisten glauben an eine Mischung zwischen inhaltlicher Inspiration und persönlicher Note des Autors mit einer Art Qualitätssicherung durch Gottes Geist, die sicherstellt, dass biblische Texte in jedem Fall Gottes Willen wiedergeben. Diese Qualitätssicherung dauerte nach evangelikaler Überzeugung bis hin zur Zusammenstellung des Kanons im fünften Jahrhundert, wo festgelegt wurde, welche Bücher Teil der heutigen Bibel wurden und welche nicht.

Hier muss auf einen groben handwerklichen Schnitzer hingewiesen werden: Der Kanon wurde nicht im fünften Jahrhundert zusammengestellt. Die Geschichte der Kanonwerdung ist ja nun aber wirklich gut erforscht, prominente Eckdaten sind z.B. die innerbiblische Andeutung der Paulusbriefsammlung, der Kanon Muratori von 170 n.Chr. und vor allem der 39. Osterfestbrief des Athanasius aus dem Jahre 367, wo er einen Ist-Zustand beschreibt und in welchem alle Neu- und fast alle Alttestamentlichen Schriften entsprechend des Kanons aufgeführt werden. Was bei Krüger so klingt, als sei da mal im fünften Jahrhunder etwas passiert, ist tatsächlich ein (a) langer Prozess, der (b) im 5. Jahrhundert längst abgeschlossen ist, aber (c) schon im ersten Jahrhundert begann. Die behauptete eigene theologisch-wissenschaftliche Sorgfalt bleibt leider, auch an den Details erkennbar, oft genug lediglich Behauptung, die dazu genutzt wird, Abweichler, „fromme Laien“ und andere mundtot zu machen, denn diese (a) wissen es eben nicht besser oder (b) sind nicht zurechnungsfähig.

Aber kommen wir zu inhaltlich spannenderem: Nach der Beschreibung, wie Evangelikale aus Krügers Sicht die Bibel verstehen (einheitliches Ganzes) folgt nun die Beschreibung des eigenen Verständnisses:

Aber genau diese Einheitlichkeit löst sich für Postevangelikale auf (wie für alle anderen Christen schon länger), passend zur postmodernen Auflösung von festen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Strukturen zugunsten von individuellen Werten und Überzeugungen. Für sie ist – um im Bild zu bleiben – die Bibel kein kunstvoll geschliffener Juwel, dem man keinen Kratzer hinzufügen dürfte, sondern ein Steinbruch, in dem man zahlreiche Edelsteine findet, die es jeweils für das eigene Leben zuzuschleifen gilt. Aber eben auch Dinge, wo die Protagonisten und Autoren der Bibel entweder einen sehr kurzen Horizont hatten oder sich sogar völlig verranten (man denke an die Anweisung Samuels an Saul, nach dem Sieg über die Amalekiter im Namen Gottes auch ausdrücklich Frauen und Kinder zu töten).

Zum ersten finden wir hier das seltene Eingeständnis, dass die Theologie der „Progressiven“ kalter Kaffe von Vorvorgestern ist. Kann doch z.B. schon (und wir greifen damit nicht das früheste Werk heraus) Gustav Meyrink 1915 im Buch „Der Golem“ die Wunder- und Bibelskepsis der Zeitgenossen wunderbar illustrieren – und zwar als eine, die der breiten Masse eigen ist, keineswegs also als isolierte Idee eines philosophischen Vordenkers. Auch die beschriebenen Zeitgenossen des Golems schätzen die Bibel – solange es dabei um Moral geht, wie sie „ebensogut im bürgerlichen Gesetzbuch stehen könnte“. Die Ganze „Progressivität“ ist nur möglich, weil sie sich als hausgemachtes Problem der gesetzlichen „Frommen“ erweist: Haben diese sich eben nicht gründlich und offen genug mit den theologischen Auseinandersetzungen der letzten 300 Jahre beschäftigt, sondern ihre Lehrer, statt an die böse Universität, lieber an die fromme Bibelschule geschickt. Nun zieht sich eine Schein-Befreiung der neuen Generation nach, die nun zum ersten Mal von den kritischen Dingen anders als aus dem apologetischen Mund ihrer Lehrer hört, und in gleicher Mentalität, wie sie früher ihren frommen Lehrern verfallen war, nun auf der Müllhalde der theologischen „Erkenntnisse“ des 19. Jahrhunderts umherschwirrt. Denn wie geschichtsvergessen muss man sein, wenn man folgende Zeilen schreibt?

Oder ist es ein Zufall, dass die Einheitlichkeit der Bibel gerade in der Hochzeit der Industrialisierung beschworen wurde, wo der Glaube an die Vereinheitlichung von Produktion und Fertigung die gesamte Gesellschaft revolutionierte? Und dass die Auflösung dieser Einheitlichkeit just in einer Zeit geschieht, in der sich gerade alle anderen Grenzen auch auflösen?

Zum Zweiten, haben auch wir (oben) gesagt, dass es notwendig ist, innerhalb der biblischen Worte zu differenzieren, verschiedene Aspekte zu beachten sind. Auch im Wissen, dass es keinen „reinen“, ungeprägten Zugang geben kann, haben wir formuliert, dass unser Vorverständnis reflektiert werden muss, und dass andererseits der Zielpunkt des Bibelstudiums der dreieinige Gott und sein Werk ist (hier) und nur, wenn unter diesem Blickpunkt die Bibel gelesen wird, sie sich auch als solche erschließt (hier). Unsere Schlussfolgerung aus der Erkenntnis, dass Bibellesen immer nur in einem historischen Kontext geschieht, war (ebendort):

Ich kann also gar nicht unabhängig von allen Einflüssen, in reiner Vernunft über einen Gegenstand nachdenken. Das Ich entscheidet nicht, weil es ist, sondern, immer aus dem Zusammenhang heraus, in den es gestellt ist – der Sprache, Geschichte und Kultur.

Da der Anspruch der Schrift und des christlichen Glaubens jedoch der einer über alle Zeiten hinaus gültigen Wahrheit der eigenen Grundaussagen ist, bedeutet für die Schriftauslegung: Es ist weder sinnvoll noch erstrebenswert, wenn der Einzelne zum Richter über das Verstehen der Schrift erhoben wird. (vgl. SmA, 3, IV: „per mutuum colloqium et consolationem fratrum“)

Wer die Erkenntnis ernst nimmt, dass es immer schon ein Vorverständnis gibt, mit dem ich mich auf die Schrift zubewege, welches ich auch nie werde völlig ablegen können, der muss sich fragen, welches Vorverständnis, welcher Sprach- und Verstehensrahmen angemessen ist, um die Schrift wahrzunehmen.

Das wird auch bei Krüger deutlich: Er bricht sich aus dem Steinbruch menschlicher Ideen, wie sie in der Bibel kanonisiert sind, nette Ideen heraus. Die Edelsteine, die er findet, sind aber nur für ihn Edelsteine. Für andere könnte es auch Dreck sein. Dennoch: Was die anderen als Edelsteine empfinden, obwohl Krüger darin nur Dreck sehen kann, das muss wohl Dreck sein und bleiben (s.o.).Die Idee, dass es am Ende doch die eine Wahrheit gibt, zeigt sich auch in der Formulierung von „der modernen Bibelwissenschaft“, die suggeriert, es gäbe da eine einheitliche Stimme, die sagt, wie man die Bibel zu verstehen hätte. Nein, ein solches „die Bibelwissenschaft sagt“ gibt es nicht. Hier ist das Feld wirklich disparat, und des einen Edelsteine stehen neben des anderen Dreck. Manches von dem, was „die moderne Bibelwissenschaft“ als neue Erkenntnis verkauft, hat bereits Origenes diskutiert, manches, das im 17. Jahrhundert geschrieben wurde, ist reflektierter, als ein heutiger Kommentar. Die künstliche Grenzziehung, nur „moderne“ Bibelwissenschaft würde richtige Erkenntnisse bieten, kommt zu dem Lapsus des Nichtverstehens der Differenziertheit aktueller exegetischer Forschung hinzu und zeigt noch einmal, wie unreflektiert die sich selbst als „nachdenkend“ hinstellenden „Progressiven“ tatsächlich denken. Dass sich daran am Ende noch ein recht eingeschränktes Verständnis dessen, was sich in der Bibel, besonders bei Paulus mit dem Begriff „Freiheit“ verbindet, anschließt, kann an dieser Stelle nicht mehr verwundern.

3 thoughts on “Die Bibel sagt, die Wissenschaft aber spricht. Die „neuen Evangelikalen“ und die progressiven Probleme der postmodernen Freischwimmergeneration

  1. Schandor

    @studiosus

    Auch heute wieder herzlichen Dank für diesen Artikel! Eine sehr gute Zurechtweisung, wie ich finde. Wenn es nicht so traurig wäre, man müsste herzlich lachen: ausgerechnet die Evangelikalen! Sie, die doch gerne von „Verbalinspiration“ gesprochen haben, unter den „Fundamentalisten“ (im guten Wortsinn) zumal. Nun, noch ist meine Reise aus Evangelikalien nach Lutheranien nicht abgeschlossen, doch diese Wegstation labt mich wieder und zeigt, dass die Richtung stimmt. Man bleibt nicht auf einer Scholle hocken, die schmilzt.
    Liebe Grüße und weiter so!

  2. Hallo Unbekannter (ist es dir selbst unangenehm, mit dem, was du schreibst, in Verbindung gebracht zu werden, oder warum bleibst du anonym?)!

    ich weiß nicht, warum du dich so angefasst fühlst und so (nach meinem Empfinden) unfreundlich über meinen Artikel schreibst. Auch weiß ich nicht, warum ich ein „selbsternanntes Aushängeschild“ wäre – ich habe mich nie als Aushängeschild bezeichnet, nicht mal andeutungsweise. Mir ist auch unklar, wie du aus dem ersten zitierten Absatz (oder im ganzen Text) einen Absolutheitsanspruch der Progressiven herausliest. Störst du dich an dem Wörtchen „ist“? Die Bibel ist nunmal einem Sammlung historischer Bücher. Das wird selbst der evangelikalste Theologe nicht bestreiten. Ich weiß aber, dass ich keine große Lust habe, auf solch einen unfreundlichen Artikel zu antworten.

    Vielleicht nur zwei Sachen:

    1. Dass ich die Kanonisierung ins fünfte Jahrhundert gepackt habe statt ans Ende des vierten Jahrhunderts – geschenkt. Mea culpa! Und natürlich war es ein Prozess. Aber darum geht es doch gar nicht. Dir scheint entgangen zu sein, dass der ganze Absatz eine neutraler Versuch ist, das unter Evangelikalen verbreitetste Bibelverständnis zu skizzieren, dass die „Qualitätssicherung“ bis ins vierte oder fünfte Jahrhundert reicht, ist dabei eher eine Reminiszenz an dieses Verständnis. Ich weiß, wie man sich so darüber echauffieren kann, ohne ein Wort über die eigentliche Fragestellung zu verlieren. ?

    2. Die Steinbruch-Metapher bitte ich, nicht überzuinterpretieren. Sicherlich halte ich nicht andere Erkenntnisse für Dreck, die du suggerierst. So eine Unterstellung empfinde ich nicht als lauter.

    Naja, du darfst deine Meinung haben und schreiben, lieber Unbekannter (warum gehe ich nur so fest davon aus, dass du ein Mann bist? Aber das ist ein anderes Thema…). Schön wäre es nur, wenn du diese Meinung nicht mit Unterstellungen und Beleidigungen spicken würdest. ?

    Sei gesegnet!
    Rolf

    • studiosus theologicus

      Danke für den Kommentar.
      Machen wir es doch einfach:
      (1) Aushängeschild: „Du“/Sie haben im Artikel beschrieben, wie Postevangelikale denken, beanspruchen also, für Postevangelikale sprechen zu können. Insofern, und da es keine „offizielle Hierarchie der Kirche der Progressiven“ gibt, haben Sie in ihrer Vereinnahmung der Gruppe, die sicher ganz wunderbar divers ist, sich selbst als Sprachrohr derselben präsentiert. Vlt. wäre der Begriff Sprachrohr insgesamt besser gewesen – gerne.
      (2) Warum Sie so fest davon ausgehen, dass ich männlich bin? Tja, würde vorschlagen, den Begriff „Vorurteile“ in Betracht zu ziehen. Denn, warum überhaupt Ihnen das Thema wichtig ist, das können nur Sie beantworten, ich nicht. Aber vermutlich haben Sie beim Lesen ein Bild im Kopf gehabt und eine Schublade aufgemacht.
      (3) Warum ich anonym bleibe? Weil ich das gern möchte. Sie können ja – wie getan – auf den Text reagieren oder ihn ignorieren, dann sind wir bei der Sache. Warum es Ihnen da um meine Person geht – s.o., (2).
      (4) Warum ich mich so angefasst fühle. – Ihnen gehts offensichtlich ums Gefühl. Na, ich habe Ihren Artikel doch lediglich kritisch aus einer bestimmten Position heraus besprochen. Dass diese Besprechung auch Polemik gegenüber Positionen beinhaltet – geschenkt. Ich habe den ja nicht geschrieben, um Sie zu umarmen. Polemik hilft, Positionen (zwar verkürzt, dafür aber) recht deutlich darzustellen und abzugrenzen.
      (5) Absolutheitsanspruch: Siehe Zitat aus Ihrem Beitrag, ja, genau, es geht um das ‚ist‘, aber nicht um das ‚ist Sammlung historischer Bücher‘.
      (6) Wenn Ihnen nicht danach ist, auf einen „unfreundlichen“ Artikel zu antworten, dann tun Sie es halt nicht.
      (7) Kanonisierung: – ich darf Sie darauf hinweisen, dass es unter den Evangelikalen sogar die Idee gibt, dass die Qualitätssicherung bis heute andauert. Aber zum Punkt: Sie schreiben im Text, der Kanon sei im 5. Jahrhundert zusammengestellt worden. Das aber ist nun etwas ganz anderes als die historische Kanonszusammenstellungsentwicklung, wie skizziert. Insofern ist Ihre Formulierung grob verfälschend, suggeriert Unwissenden etwas anderes und ist nicht einfach ‚geschenkt‘, sondern genauso falsch wie eine mögliche Behauptung, der Kanon sei 80 n. Chr. vom Himmel gefallen.
      (8) Text lesen hilft. „Dreck“ ist meine Metapher, bei Ihnen steht da im Text „völlig verfehlte Aussagen“. Und diese ist auch nur im Bild gesprochene Sprache, die die Edelstein-Metapher aufnimmt. Klar, ich hätte da auch differenzieren können zwischen „Edelstein“, „Marmor“, „Granit“, „Dreck“. Wollte ich aber nicht, sondern stattdessen ein klares Bild verwenden.
      (9) Danke, dass Sie mir erlauben, meine Meinung haben zu dürfen. Diese Großherzigkeit ist immer wieder so erfrischend und ich bin fast gerührt.

Schreibe einen Kommentar zu studiosus theologicus Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert