Zwei Gebete für Eltern, deren Kind tot geboren wurde

Gebet einer Mutter, deren Kind verstorben ist

August Pfeiffer

Antimelancholicus oder Melancholievertreiber

Der Herr hats gegeben/ derHerr hats genommen der nahme des Herrn sey gelobet. Gelobet sey dennoch GOtt daß er mir ein solch kind von guter Art so lange gelassen/ und mir die herzliche Freude eine Zeitlang auf Erden gegönnet hat: Dieselbe soll durch den zeitlichen Todt nicht aufgehoben, sondern nur auf eine kleine Zeit aufgeschoben seyn. Jch habe durch GOttes Gnade und Segen dennoch das Meinige gethan und den Himmel um eine Seele vermehret. Dieselbe werde ich dermaleins / ja auch zu seiner Zeit mein kind mit Leib und Seele vollkömmlich im Himmel wiederfinden. Jch werde wohl zu ihm fahren, es kömmt aber (in diesem Leben) nicht wieder zu mir/ 2.Sam. 12, 23. – O daß ich/ zumal zu diesen betrübten Zeiten und Läuffen mein kind/ als einem obsidem, als ein Pfand meiner künftigen nachfarth voranschicke und es ewiglich bey GOtt wohlversorgt weiß und werde also einmal in hoffnung bey ihm zu seyn mit leichterem herze sterben können als wenn ichs zu tausend Unglück den bösen und untreuen Welt hinterlassen und anvertrauen solte: So ziehet denn hin/ ihr lieben Kinder ziehet hin/ ich aber bin verlassen und einsam: Ich habe euch ziehen lassen mit Trauren und mit Weinen / GOtt aber wird euch mir wieder geben mit Wonne und Freude ewiglich! Baruch. 4, 19 & 23.

 

Gebet einer Mutter nach der traurigen Geburt ihres toten Kindleins halben

M. A. Helms.

in Cubachs: „Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer/ Das ist: Ein grosses/ vollkom[m]enes Bet-Buch in allerley geistlichen und leiblichen/ gemeinen und sonderbaren Nöthen und Anliegen zu gebrauchen“

Ach treuer Gott/ barmherziger Vater/ ich klage Dir mein betrübtes Herzeleid/ daß der bittere Todt meine Frucht im Mutterleibe umb unser Sünde willen getödtet hat. Ich gläube aber/ lieber Vater/ daß es des Verdienstes Jesu Christi nichts destoweniger theilhaftig worden sey/ weil ichs mit meinem Hauswirth und Eheherrn/ so lange ichs unter meinem Herzen getragen/ und sichs bey mir gereget hat/ durchs Gebet dir treulich befohlen haben/ und in der Kirchen/ daß es auff die Welt geboren/ zur heiligen Tauffe möchte gebracht werden/ fleißig haben alle Tage vorbitten lassen. Und bin gewiß/ daß du sein Seeligen mit Gnaden angenommen/ und es geheiliget/ wie du Johannen den Täuffer in Mutterleibe geheiliget haßt/ welches auch in unserm großen Bekümmernüß wiederum unser kräftiger Troßt ist. Hilff lieber Vater/ daß wir dieses schwere Creutz durch deines heiligen Geistes Hülffe un Troßt geduldig tragen/ gewiß un fest glauben/  wir werden unsere Leibesfrucht bey dur nach diesem Leben in ewiger Freude und Wone vollkommen sehen und selig finden. Stärcke nunmehr mich lieber Vater nach erlittenen schmertzen und zugezogener Schwachheit an LEib und Seel/ meinem betrübten Hauswirth und Eheherren zum besten/ und lege mir zu die andern Kinderlein/notdürftig zu deinen Ehren zu erzihen/ die Jahre zu erfüllen/ die du meinem todtgeborenen Kindlein entzogen/ und es bald vollkommen gemacht hast. Lass mich alle meine Freude und Troßt haben an deinem Sohn/ meinem Seeligmacher JESU CHristo/ der im Tode helffen und erretten kan/ alle/ die ihm durchs Gebet zugetragen und befohlen werden/ hochgelobet und gebenedeyet von nun an bis in Ewigkeit/ Amen.

Wie ernst und wichtig wurden diese Gebete, die zuvor doch zum Teil so hart erschienen. Eine Seele wurde dem Himmel hinzugefügt, auch wenn diese diesseitige Welt nicht wie sonst durch dieses Kind bereichert wurde. Ein Trost im eigenen Sterben, ein Unterpfand der eigenen Auferstehung (in diesem Sinne ein Abglanz der Auferstehung und Himmelfahrt Christi, die uns auch solcher Unterpfand sind). Die Sünde – nicht die eigene spezifische, sondern der Fluch der Erbsünde, wie schon in Psalm 90, – ist es, der dieses Kind tötete, so wie er auch uns alle töten wird. Hier noch nicht erwähnt, wohl aber bei Löhe, wenn ich mich recht entsinne: die Teilnahme des Ungeborenen am Heiligen Abendmahl mit und durch seine Mutter. Und: Männer waren nicht immer stark und unemotional, dies stellt sich mehr und mehr erst als ein Klischee des 20., vielleicht auch 19. Jahrhunderst dar. Auch der „betrübte Hauswirth und Eheherr“ bedarf des Gebetes.

In Memoriam Justum

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