Rat und Hilfe in der Schwangerschaft mit einem todkranken Kind

Dieser Artikel ist nicht wie unsere anderen.

Vor fast genau einem Jahr wurde unser Sohn Justus ein paar Wochen vor seinem Termin geboren. Zwei Stunden zuvor hatte er das letzte Mal getreten. Irgendwo dazwischen starb er. Und das war nicht unerwartet, obwohl wir gehofft hatten, ihn noch ganz kurz lebend sehen zu können, bevor sein Körper, der nicht für das Alleinleben gemacht war, aufgab.

Vier Monate vorher hatten wir diese Diagnose zum ersten Mal gehört, gehört, dass seine Lunge zu klein, sein Herz zu verworren aufgebaut war um richtig zu funktionieren, gehört, dass genau diese Kombination eine Operation kaum sinnvoll macht, gehört, dass Justus wohl innerhalb der ersten Stunde außerhalb seiner Mama versterben würde. Wenige Wochen später, bei einem Geburtsvorbereitungsgespräch, hörten wir, dass es sehr wenig Erfahrung mit einer Geburt wie der unseren gäbe, da sie einfach kaum stattfinden: fast alle Kinder mit solchen Aussichten werden lang vor der Geburt getötet und aus dem Mutterleib entfernt.

Hier ist der erste Punkt, den ich herausstreichen will, der erste Rat: Auch wenn Euch diese Option als die sinnvollste, effektivste, vor allem als das Normale angeraten wird: tut es nicht! Wenn ihr Euch dafür entscheidet, wird Euer Kind gestorben sein, weil Ihr gesagt habt, dass es sterben soll. Lassen wir alle theologischen Punkte außen vor: Der psychologische Unterschied, der riesig ist, sollte hier offensichtlich sein: Es geschieht mir etwas sehr, sehr trauriges, verletzendes; eine schwere Bürde wird mir auferlegt. Bürde Dir nicht auch noch selbst große Zweifel und den Kampf mit Deinem Gewissen auf. Und das geht ganz besonders an die Männer, die, weil sie das Kind nicht in ihrem Leib tragen, am meisten versucht sind, dem Angebot, alles ungeschehen zu machen, auf den Leim zu gehen. Es wird nicht ungeschehen gemacht, es gibt keine Abkürzung. Da wir die Erfahrung gemacht haben, dass das uns kaum jemand sagte: das ist für Euch gedacht, als Ermutigung. Als Rat.

Die darauffolgenden Monate mit Justus bis zu seiner Geburt waren traurig und fröhlich zugleich. Es war die Zeit, die wir mit ihm verbringen konnten, in der ihm seine Mutter ihr Herz und ihre Lungen schenken konnte. Dann kam der Tag seines Todes und seiner Geburt und in dieser Gewitternacht hielten wir ihn in unseren Händen. Ganz dunkel war er, weil er nie geatmet hatte und doch erst so kurze Zeit zuvor verstorben war. Und obwohl es so traurig war, freuten wir uns sehr, ihn zu sehen, ihn endlich bei uns zu haben. Das ging, leider nur so, tot, denn zu Justus gehörte genau dieser Körper, dieser nicht für das Leben gemachte Körper. Jetzt war er unser Bezugspunkt zu ihm geworden, wir konnten ihn halten, waschen, anziehen, ansehen. Unser Sohn, wie er eben war, gestorben, unser Sohn.

Und hier mein zweiter Punkt, der zweite, wichtige Rat: Es ist euer Kind, auch wenn es gestorben ist. In allen Bundesländern gibt es das Recht, einen Leichnam für eine gewisse Zeit bei sich zu behalten, bevor er einem Bestatter bis zum Begräbnis übergeben werden muss. Da es sehr selten ist, behandeln manche Bestatter die Sache auch großzügig. Falls ihr im Krankenhaus seit, dürft Ihr den Leichnam jedoch nicht selbst nachhause nehmen, das muss de Bestatter für Euch machen. Auch, wenn es komisch wirkt, in eurem Umfeld nicht auf Verständnis stößt, Euch erst Angst macht: Es ist heilsam Euer Kind für eine Weile bei Euch zu haben. Diese irre, unwirkliche Sache hat Zeit wirklicher zu werden. Ihr habt Zeit, die ihr mit eurem Kind verbringen könnt. Und Es wird auch klar, dass Abschied genommen werden muss, dass man das Kind nicht festhalten kann. Das gilt für Erwachsene und für Geschwister.

Praktisches: Wir haben Hilfe und gute Beratung bei einem Kinderhospiz gefunden, von wo uns auch eine Kühlapparatur geliehen wurde. Auch Hausgeburten sind unter gewissen Umständen mit medizinischer Begleitung möglich. Es gibt in allen Bundesländern Palliativteams, die hierzu kontaktiert werden können. Für die Schwangerschaft mit einem sterbenden Kind bietet https://www.weitertragen-verein.net/ Rat und Hilfe an. Trost von den Vätern des Christen- und Luthertums haben wir an anderer Stelle auf dem Blog veröffentlicht.

Dieser Artikel ist nicht wie unsere anderen.

 

2 thoughts on “Rat und Hilfe in der Schwangerschaft mit einem todkranken Kind

  1. Jutta

    Vielen Dank für diese bewegenden Zeilen und danke für eure Entscheidung, das Mit-teilen zu wollen und zu können.

    Gott stärke euch.

    • A. Schneider

      Vielen Dank auch Ihnen, Jutta!

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