Kreuz und Weihwasser II: Die Schlange und das Bilderverbot

Mit Blick auf die Konkordienformel hatten wir uns letztes Mal damit beschäftigt, welche Bedeutung ein Kreuz für den Glauben haben kann: Der Gegenstand selber hat keine geistliche Macht, aber er erinnert uns an Christus, das ist sein Wert.

Nun haben in dieser wunderbaren Folge Malte Detje und Knut Nippe in ihrem Podcast „Tischgespräche“ über Martin Luthers Invokavitpredigten, genauer über „Beichte, Fasten, Zölibat und Bilderverbot“ gesprochen, sich dem Thema also von einer anderen Seite genähert. Dabei haben sie sich auch mit Luthers Äußerungen zum Bilderverbot beschäftigt. Kurz gesagt: Bilder sind bei Luther (und in den Zehn Geboten) dann verboten, wenn sie angebetet werden. Kurz erwähnen sie auch die Frage, wie das dann eigentlich mit dem Kreuz ist: Kann man das Kreuz sehen und nicht an Christus denken? Dem wollen wir hier nachgehen. Dazu zunächst ein Blick aufs Ganze:

Stichwort Bilderverbot

Der Ausgangspunkt ist das Gebot:

Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!

Ex 20,4

Luther behandelt in seinen Invokavitpredigten (die, die Malte und Knut besprochen haben), was das bedeutet: Darf es Bilder in der Kirche geben? recht klare Antwort, die Luther der Bibel entnimmt, haben die beiden erwähnt, nämlich die „eherne Schlange“. Das ist eine Episode aus der Wüstenwanderung des Volkes Israel:

Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben. Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und wider dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.

Num 21,6-9

Die ganze Geschiche verdeutlicht eines: Gott selber bedient sich der Bilder und Gegenstände, als Heilsmittel beziehungsweise als Hilfsmittel, um Glauben zu wecken. Er tut es, so wie er auch Lieder, Erzählungen, oder ähnliches nutzt, Dinge, die das biblische Wort aufgreifen und verbreiten. Ein Bild kann uns das Evangelium nahebringen, indem es uns unsere Sinne auf Gott richten lässt. Aber die Geschichte von der ehernen Schlange endet da nicht. Viel später, im 2. Königebuch, heißt es:

Im dritten Jahr Hoscheas, des Sohnes Elas, des Königs von Israel, wurde Hiskia König, der Sohn des Ahas, des Königs von Juda. […] Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, ganz wie sein Vater David. Er entfernte die Höhen und zerbrach die Steinmale und hieb die Aschera um und zerschlug die eherne Schlange, die Mose gemacht hatte. Denn bis zu dieser Zeit hatten ihr die Israeliten geräuchert, und man nannte sie Nehuschtan.

2. Kön 18, 1-4

Was war passiert? Die Schlange war zum Götzen geworden. Ihr wurde geräuchert, das heißt, sie wurde angebetet. An ihr hingen die Herzen, auf sie vertrauten die Menschen. Und auf wen du vertraust, das ist dein Gott. Also war das Bild der Schlange zu dem geworden, was das Gebot verurteilt: Etwas, was man anbetet und dem man dient. Deshalb musste sie zerstört werden. Sie diente nicht mehr dazu, den Blick auf Gott zu richten und sich vertrauend an ihn zu erinnern, sondern ihr wurde gedient.

Die Geschichte von der ehernen Schlange fasst gut zusammen, wie das mit den Bildern in der Kirche und im Glauben ist. Ikonen sind okay, wenn ich sie dazu nutze, um meditativ meine Sinne auf Gott zu richten. Und ein Kreuz ist okay, wenn es mich daran erinnert, dass Christus am Kreuz für mich gestorben ist. Deshalb nun noch einmal kurz zur Eingangsfrage: Kann man das Kreuz sehen – und nicht an Christus denken? Ja, das geht. Das ist nämlich genau das, was in den Filmen, die wir im ersten Beitrag zum Thema angeschnitten hatten, passiert: Die Protagonisten setzen ihr Vertrauen auf das Kreuz, auf das richtige Material aus dem das Kreuz ist, und so weiter. Gut, das ist ja nur ein Film, oder? Nein, genau so passiert es auch im Alltag, wenn Menschen sich an einer Kreuzkette festhalten, und hoffen, dass ihnen die Kette Kraft für schwere Situationen gibt. Dann kann es vorkommen, dass sie mehr am Gegenstand hängen als an dem, für das der Gegenstand steht. Man kann das Kreuz und Christus verwechseln. Dann wird das Kreuz zum Götzen, zum toten Gegenstand, dann sollte man aufhören, es zu tragen. Aber nur dann.

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