Bei Deanna Troi hatten wir damit kein Problem – die jungfräuliche Empfängnis

Alle Jahre wieder im Dezember (laut der Spur im Netz zumindest 2002, 2013 und nun 2017) spricht Frau Käßmann gern und offen über ein bestimmtes kirchenjahreszeitliches Thema: die Jungfrauengeburt und wie das ja gar nicht sein kann! Ganz nüchtern betrachtet muss man sich schon fragen, wie eine Bischöfin, die einen so fundamentalen Glaubenssatz des christlichen Glaubenssystems öffentlich leugnet, an den damaligen Posten und an die auf 2002 folgenden gekommen ist. Denn schließlich leugnet sie Apostolicum, Nicäanum, Athanasium, CA III und die Katechismen und vertritt eine adoptianische Theologie. Böse Zungen hört man jedoch sagen, dass dies EKD-intern sicher als weniger problematisch gesehen wird, als ein regelmäßiges öffentliches Bekenntnis zu jenem Glaubenssatz. Aber bleiben wir sachlich:

Was also sind Frau Käßmanns Argumente dafür, dass die Jungfrauengeburt nicht stattgefunden haben könnte?

  • Das hebräische Wort, welches in der entspr. Stelle in Jes. 7,14 verwendet wird, laute ,almah’, junge Frau. „Im Griechischen wird sie zu ,parthenos’, ein Wort, bei dem sexuelle Jungfräulichkeit mitschwingt.“ Matthäus erzähle „deshalb“, Maria sei schwanger geworden vom Heiligen Geist: „So wollte er zeigen, dass Jesus eben ganz besonders war.“ Daraus sei später die Überzeugung entstanden, Sexualität habe etwas mit Unreinheit zu tun.
  • Über ihre eigene Haltung sagt sie: „Da bin ich ganz Theologin des 21. Jahrhunderts.“ Sie glaube, „dass Maria eine junge Frau war, die Gott vollkommen vertraut hat. Aber dass sie im medizinischen Sinne Jungfrau war, das glaube ich nicht.“
  • Weiterhin meint sie: „Gottes Geist war sicherlich am Werk. Aber es gibt beispielsweise im Matthäusevangelium eine Abstammungsliste Jesu, in der sein Vater als Abkömmling des großen Königs David ausgewiesen wird.“ Das eine schließe das andere nicht aus, so Käsmann.
  • Schließlich ihr Adoptianismus: „Für mich ist das eine sehr solide Familie. Maria, Josef, samt den Kindern, die sie gemeinsam hatten. Ich denke, dass Josef im biologischen Sinne der Vater Jesu war. Gott war es im geistigen.“

Vieles ist dazu schon gesagt worden. Auch wir haben uns bereits geäußtert. Dabei bleibt festzustellen: Es verwundert, dass gerade die lautstarken Vertreter einer historisch-kritischen Exegese, die den Frommen immer Scheuklappen und Voreingenommenheit vorwerfen, auf einmal selbst Haarsträubendes tun, um ihre eigene Meinung nicht aufgeben zu müssen. Exegetisch gesehen ist zu den aufgeführten Argumenten folgendes festzustellen:

(a) Beachtung des Kontextes: Die textliche Gattung, innerhalb derer das Wort in Jes 7,14 verwendet wird, nennt sich Prophetie. „Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben“ – es geht also um etwas Außergewöhnliches, nicht um den Alltag. Dass aber junge Frauen Kinder bekommen, ist etwas damals und heute ganz alltägliches, ja, es mag als Klischee der Offensichtlichkeit gesehen werden. Während dabei „almah“ sowohl junge Frau als auch Jungfrau bedeuten kann, macht der Kontext die vom Autoren intendierte Bedeutung eindeutig.

(b) Wortverlgeich: Vergleicht man die Verwendung des Wortes almah im AT, so findet es sich immer dann, wenn von einer jungfräulichen Frau gesprochen wird – implizit oder explizit. Dass sexueller Kontakt ausschließlich innerhalb der Ehe sozial akzeptiert war, steht hier im Hintergrund und macht ein anderes Verständnis von „almah“ an dieser Stelle höchst unwahrscheinlich.

(c) Die besondere Erleuchtung der Spätgeborenen: Matthäus erzähle also, dass Maria schwanger vom Heiligen Geist sei, weil er sich durch die Jesajastelle dazu gezwungen fühlte. Das impliziert erstens, die Leute hätten damals nicht gewusst, wie ein Kind entsteht. Schon ein Blick ins Alte Testament lehrt, dass Menschen das allerdings auch damals schon sehr wohl wussten. So dumm waren die Altvorderen nun auch nicht. Wie soll eine solche Behauptung des Matthäus also glaubwürdiger gewesen sein, als die einer normalen Zeugung? Ein absurder Gedanke.

(d) Unzulässige Verknüpfungen: Aufgrund der Jungfrauengeburt sei später Sexualität verdammt worden, und um das wieder zu ändern, muss nun also die Jungfrauengeburt gestrichen werden. Lassen wir die grundlegende Unwahrscheinlichkeit dieser kausalen Verknüpfung aussenvor. Warum kann nun auf einmal die Jungfrauengeburt nicht geschehen sein, weil sie, nach Frau Käßmanns Behauptung, nachträglich fehlinterpretiert wurde? Das hat sich ja auch bei den anderen Wundern so gezeigt: Seit dem Seewandel ist für Christen die Schifffahrt etwas ganz böses, seit den Heilungen gehen Christen nicht mehr zum Arzt, seit der Speisung der 5000 backen sie kein Brot mehr.

(e) Der Modernitätsfehlschluss: Frau Käßmann stellt ihre Ideen als modern dar („ganz Theologin des 21. Jahrhunderts“). Jedoch sind Argumente nicht richtig, nur weil sie neu sind. Ein etwas genauerer Blick zeigt sogar, dass es von Anfang an diese Kritik an der Jungfrauengeburt gab. Heidnische Polemik vermutete, ein römischer Soldat sei der (uneheliche) Vater Jesu gewesen. Die Idee, dass es die Jungfrauengeburt nicht gegeben hat, ist in etwa 2000 Jahre alt. Modern ist sie nicht, in ihrer modernsten Form eher Kind des 19. als des 21. Jahrhunderts. Schon in der Antike meinte man, es könne keiner Wunder geben, da sie wahlweise der Vernunft, den Gesetzen der Welt, oder wem auch immer widersprächen.

So ist die Grundproblematik der Jungfrauengeburt eine ganz banale: Die mangelnde Unvoreingenommenheit und Offenheit derer, die sie ablehnen. Wer sich tatsächlich intersubjektiv-kritisch an die Exegese der entsprechenden Bibelstellen macht, wird nämlich zunächst feststellen, dass es eben auf der Textebene keine andere Aussagemöglichkeit gibt, als einen Zusammenhang zwischen Matthäus und Jesaja, die beide von Jungfrauengeburt sprechen, und dabei beide auch Jungfrauengeburt meinen. Zu behaupten, dass das nicht sein kann, ist schlicht und einfach die rational unhaltbare Überzeugung Troeltschs, dass es nichts geben kann, was noch nie dagewesen wäre.

 

Zum Abschluss also noch ein paar katechetische Stücke zur Jungfrauengeburt.

Was ist die Jungfrauengeburt?

  • Die christliche Überzeugung bezüglich der Zeugung Jesu, wie sie das Neue Testament bezeugt, hat nichts zu tun mit den griechisch-römischen Göttersöhnen, bei denen ein Gott einen Menschen vergewaltigt oder auch dem Fall der Deanna Troi. Es geht nicht um Sex zwischen Gott und Mensch: [Denn als] Maria zu dem Enge [sprach]l: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Manne weiß? [Antwortete] Engel und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten […] (Lk 1).

Wozu  ist die Jungfrauengeburt gut?

  • Sie ist der Weg, denn Gott der Sohn wählte, Mensch zu werden. Sie ist somit unlöslich vom Glauben an Christus als „wahrer Mensch und wahrer Gott“, und somit auch vom Evangelium. Sie ist von Gott gewählt, damit wir Menschen das Wunder der Inkarnation erkennen können, nicht weil es keinen anderen Weg gab, sondern weil er es so gewollt hat.

Ist die Idee der Jungfrauengeburt nicht besonders albern und peinlich?

  • Sie ist nicht peinlicher als die Idee der Auferstehung von den Toten oder überhaupt der Idee, dass Gott sich dem Menschen zuwendet. Wenn er es aber tut, tut er es auf seine Weise. Von dieser muss nicht vorausgesetzt werden, dass wir sie als klug erachten, denn Gottes Wege sind dem Menschen unergründlich (Hiob 26, 4).

Ist der Glaube an die Jungfrauengeburt heilsnotwendig?

  • Nicht der Glaube an die Jungfrauengeburt rettet uns, sondern der Glaube an Jesus Christus, wie er uns in der Schrift offenbart ist. Hier schließt sich allerdings ein Kreis, denn er ist dort ja eindeutig als „geboren von der Jungfrau Maria“ bezeugt. Und welchen Grund gibt es, dem Zeugnis der Schrift über das Wunder der Inkarnation zu misstrauen, wenn wir doch an einen Gott glauben, der nach der Schrift Wunder tut (Ps. 136, 4) und allmächtig ist (Offb 1, 8)?

 

Im Versuch, besonders auf der Höhe der Zeit zu sein, leugnen Kirchenvertreter alle Jahre wieder das, was die Schrift eindeutig bekennt, statt sich Mühe zu geben, den Inhalt der Schrift den Menschen zu erklären. Die Kirche aber beruft nicht deshalb Theologen in ihre Ämter, damit diese alle Probleme wegerklären, sondern weil diese die Schrift genau und intensiv studieren, Zusammenhänge entdecken und dem Wort Gottes die Ehre geben. Dabei ist sich lutherische Schriftlese bewusst, dass es sowohl Bibelstellen gibt, die auf den ersten Blick keinen Sinn ergeben, als auch solche, die dem Einzelnen immer dunkel bleiben. Sie erklärt die dunklen Stellen aus den hellen und sieht alles im Lichte Christi. Das Licht Christi leuchtet auch über den biblischen Aussagen zur Jungfrauengeburt und kann Aufklärung bringen, wo die Vorurteile von Aufklärung und Moderne alles verdunkeln und uns im Nebel dessen, was nicht sein kann, weil es nicht sein darf, umherirren lassen.

Die Jungfrauengeburt scheint anstößig. Auch in manchem Adventslied wurde sie aufs geringstmögliche Maß zusammengekürzt. Doch das Wunder von Weihnachten wird gerade in dieser Geburt besonders wundersam, es bekommt erst dadurch seine wirkliche und vollständige Gestalt und wird uns Menschen zu dem großen Wunder, von dem alle Welt von Weihnachten immer so leer und aufgezwungen spricht. Dann jedoch real, ohne relativierenden Nebensatz und ohne verkappte Moralpredigt, die Weihnachten zum Fest der Friede-Freude-Eierkuchen-Harmonie macht, die spätestens am 25.12. verendet. Was ist Advent und Weihnachten? Lauschen wir doch Martin Luther:

Nun komm, der Heiden Heiland,
der Jungfrauen Kind erkannt,
dass sich wunder alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.

Nicht von Mans blut noch von fleisch /
allein von dem heyligen geyst /
Ist Gottes wort worden eyn mensch /
vnd bluet eyn frucht weibs fleisch.

Der yungfraw leib schwanger ward /
doch bleib keuscheyt reyn beward
Leucht erfur manch tugend schon /
Gott da war yn seynem thron.

Er ging aus der Kammer sein,
dem königlichen Saal so rein,
Gott von Art und Mensch, ein Held;
sein’ Weg er zu laufen eilt.

Sein Lauf kam vom Vater her
und kehrt wieder zum Vater,
fuhr hinunter zu der Höll
und wieder zu Gottes Stuhl.

Der du bist dem vater gleich /
fur hynnaus den syeg ym fleisch /
das dein ewig gots gewalt /
ynn vnns das kranck fleysch enthallt.

 

4 thoughts on “Bei Deanna Troi hatten wir damit kein Problem – die jungfräuliche Empfängnis

  1. guter Artikel, vielen Dank für die gut ausgearbeiteten Beiträge

    • A. Schneider

      Vielen Dank Dir für das Lob!

  2. Andeas Röder

    Endlich mal jemand mit Allgemeinbildung (bezüglich Deanna Troi ;))
    Wenn ein Alien das kann, wieso sollte dies Gott, dem Schöpfer und Urheber des Alls, unmöglich sein?
    Vielen Dank für die gute Grundsatzarbeit, die ihr hier und an anderen Stellen liefert!
    Mich wundert, dass Frau Käßmann nicht schon längst exkommuniziert wurde, bei so eindeutigem Glaubensbruch…

    • A. Schneider

      Lieber Andreas,
      sehr gern, auch den stillen Rechtschreibungshinweis bezüglich Deannas Namen haben wir schon eingearbeitet.
      Der Bruch mit den altkirchlichen Symbola (also glaubensbekenntnissen) ist in Deutschland in moderner Zeit ja schon 150 bis 250 Jahre alt. Und das auch schon bei Ordinierten. Aber das passt ja ganz gut zu unserem letzten Beitrag https://lutherischeslaermen.de/2019/05/31/beruft-gott-seine-prediger-selber-herr-chemnitz/ bezüglich der Berufung von Predigern, da schreibt M. Chemnitz auch sehr tiefsinnig und doch knapp über die Frage des Absetzens derselben.
      Beste Grüße und vielen Dank für das Feedback!

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