Nachdem wir letzte Woche den ersten Teil unseres Podcasts zum Worthaus-Vortrag von Prof. Zimmer zur Schlange wieder zugänglich gemacht haben, folgt nun der zweite Teil. Diese Gelegenheit wollen wir nutzen, um noch einmal die Kommunikationsweise von Worthaus etwas näher zu beleuchten.
Bekanntermaßen wurde uns von Seiten des Worthaus e.V.s bezüglich unserer Besprechung des von ihnen veröffentlichten Vortrags „Die Sache mit der Schlange“ Wissenschaftlichkeit in der Auseinandersetzung und Kollegialität abgesprochen. Worauf sich diese negative Einschätzung konkret bezog, wurde nicht näher definiert. Da nun aber die Verwendung von direkten (Audio-)Zitaten von Worthaus verboten wurde, und genaues Zitieren ein Grundpfeiler wissenschaftlicher Arbeitsweise ist, macht sich die Vermutung bemerkbar, dass Worthaus unter „Wissenschaft“ etwas anderes zu verstehen scheint als wir damit meinen, nämlich eine bestimmte, formell stark festgeschriebene Form der Wahrheitsfindung und -prüfung.
Wir behaupten nicht, dass unsere Kritik unfehlbar sein und stets den Kern des jeweiligen Vortrags oder des Projekts selber trifft, dass wir also die sind, die uneingeschränkt rechthaben, während die anderen uneingeschränkt falsch liegen. Wir meinen aber, dass die Wissenschaftlichkeit, für die Worthaus laut ihren Aussagen einsteht und deren Methoden sie an die armen unwissenden, in evangelikalen Ketten Liegenden vermitteln will, sich vor allem im selbstreflexiven, selbstkritischen Herangehen an die Untersuchungsgegenstände äußert. Es reicht nicht, die Bibel mit als ‚wissenschaftlich‘ definierten Methoden untersuchen zu wollen, bzw. treffender, bestimmte Ergebnisse im Bezug auf die Bibel als einzig wissenschaftlich darzustellen. Das Hinterfragen fängt beim Hinterfrager an. Es ist durchaus wissenschaftlich angemessen, verwendete Quellen zu überprüfen. Es ist angemessen, zu fragen, ob die Darstellung eines Sachverhalts vor dem Hintergrund überprüfbarer Fakten plausibel ist.
Jedoch ist es nicht unwissenschaftlich, eine andere Meinung zu haben, die man begründet. Ebenso nicht, sich mit den Thesen und Argumenten der einen Seite mittels anderer Thesen und Argumente kritisch auseinanderzusetzen. Wenn der Erkenntnisweg zu unseren Schlüssen nicht nachvollziehbar wäre, weil wir geheime Quellen verwendeten, den Vortrag aus dem Zusammenhang rissen, Zitate erfinden würden oder ähnliches, dann wäre der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit berechtigt. Wissenschaftlich ist man nicht, weil man bestimmte Inhalte vertritt. Wissenschaftlich ist man in der Art und Weise, wie man mit den Inhalten umgeht. Und in erster Linie heißt das, die Inhalte stets Prüfungen auszusetzen, ja, diese Überprüfungen willkommenzuheißen. Außerdem gehört es auch zur wissenschaftlichen Redlichkeit, gerade beim Versuch der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnis die Grenzen derselben zu respektieren, zu reflektieren und vor allem zu kommunizieren. Sonst ersetzt man das von Worthaus kritisierte „die Bibel sagt“ durch ein „die Wissenschaft sagt“. Das aber ist mindestens ärgerlich, weil es die vielen Bemühungen, zu erklären, wie Wissenschaft funktioniert, konterkariert und anstatt der alten einfach nur neue Götter erschafft.
In diesem Zusammenhang ist das Vorgehen von Worthaus besonders amüsant, hat doch der auch bei Worthaus aufgetrene Referent Prof. Zimmer in seinem wehrhaften Gespräch bei Hossa vehement kritisiert, dass ihn ein Kritiker nicht ausreichend gründlich aufgreife, bevor er kritisiere. Wortwörtliches Aufgreifen und sehr gründliches Aufgreifen scheint dem Worthaus e.V. jedoch auch nicht recht zu sein. Es scheint auch eine Tendenz zu geben, mit zweierlei Maß zu messen, da ist der eigene Ton eben „markant“, während Kritik daran „harsch“ ist. Merke: Wenn sich ein Siggi wehrt, fällt er per Definitionem nicht vom Pferd. Statt reflektierter Auseinandersetzung in der Sache werden (vermeintliche) persönliche Verfehlungen angegriffen. Netterweise hat das Rolf Krüger (nicht bei Worthaus, aber auch ein selbsterklärter Postevangelikaler) in einem Kommentar auf einen unserer Beiträge vorgeführt: Die inhaltliche Kritik perlt mit einem „geschenkt“ an ihm ab, stattdessen aber verlegt er sich aufs emotionale (Ge)Fühlen und wirft uns tatsächlich „Unfreundlichkeit“ vor. Was uns auch wieder an das Konzept „Kollegialität“ erinnert. Das Gespräch, der Diskurs wird so unmöglich. Das Interesse am Gegenstand weicht einem Streit über die Person. Moral statt Sache ist nun gerade kein wissenschaftlich reflektiertes Vorgehen. Schade.
Ein solcher doppelter Umgang mit Kritik, nämlich entweder von der Sache abzulenken oder das Gespräch gänzlich zu unterbinden, ist problematisch. Denn wer den Ausbruch aus Evangelikalien durch Worthaus meint erlebt zu haben, wird durch dieses engherzige Vorgehen wieder in ein genauso enges, nur anders benanntes Umfeld getrieben. Denk- und Sprechverbote, Tabus, Niveaulosikeit, Enge, Einfältigkeit, Oberflächlichkeit, verstellte Blicke, all das muss man auch hier diagnostizieren. Lasst euch also, liebe ZimmerjüngerInnen, nicht ganz einlullen von der Selbstdarstellung der weisen alten und hippen Aufklärungsboys. Es ist dieselbe Suppe zu einfacher Antworten und weggewischter Anfragen, die sie euch löffeln lassen. Nur das Gefäß ist ein anderes.
Nun aber zurück zur Schlange und unserer Kritik an den Ausführungen durch Herrn Prof. Zimmer.