Zum Abendmahlsgebrauch in diesen Tagen

Wie soll man unter den gegenwärtigen Umständen, alle Hygienebedingungen beachtend, Abendmahl feiern? Darüber wird nun schon einige Zeit diskutiert, und die Lösungen, die hier und da getroffen werden, könnten verschiedener nicht sein. Zwischen völligem Aussetzen des Gebrauchs, digitalen Formen am heimischen Ferneseher und der Forderung, einfach weiter zu machen wie bisher, finden sich Einzelkelche, Reduktion auf eine Gestalt des Abendmahls usw usf. Zeit für etwas Klärung, und wie gut, dass uns dieses „Evangelische Handbuch“ in die Hände fiel, von dem der Herausgeber um 1720 sagte, es gehöre in jedes christliche Haus. Der Verfasser, Matthias Hoe von Hoenegg, war später Oberhofprediger in Dresden. Er fasst in kurzen Fragen und Antworten zusammen, was der lutherische Glaube beinhaltet. Heute also zum Abendmahlsgebrauch:

Ist das Abendmahl auch außerhalb des Gebrauchs in der Abendmahlsfeier ein Sakrament?

Keineswegs. Denn:

  1. Es steht nirgendwo in der Heiligen Schrift, dass die Sakramente außerhalb des Gebrauchs Sakramente wären. Was nun nicht in Gottes Wort gegründet ist, das kann auch nicht als Glaubensartikel betrachtet werden.
  2. Wenn man die Stiftung des Heiligen Abendmahls ansieht, erkennt man, dass die ganze Stiftung auf den Gebrauch, den Genuss abzielt, dass man nämlich den Leib unter dem Brot essen und das Blut unter dem Wein trinken soll. Das tut, sagt Christus. Er spricht nicht: „behaltet es“, sondern: „Esst und trinkt, wenn ihr esst, so esst ihr meinen Leib, wenn ihr trinkt, so trinkt ihr mein Blut“.  Damit hat er den Genuss an das Sakrament geheftet, sodass niemand diesen Genuss davon losreißen oder ihn verändern und verwandeln kann. Wer das gesegnete Brot nicht isst oder den gesegneten Kelch nicht trinkt, sondern sie (in eine Monstranz) einschließt, sie aufbehält, der hat kein Sakrament, der hat kein Abendmahl. Denn Christus hat es nicht dazu eingesetzt, dass man es einschließe, aufbehalte, sondern dazu, dass man es esse und trinke.
  3. Auch das Taufwasser bleibt außerhalb des Gebrauchs kein Sakrament. Dasselbe gilt von den Abendmahlselementen.

Macht deshalb unser Gebrauch erst das Sakrament?

Das folgt daraus keineswegs, vielmehr ist alles der Einsetzung und den Worten Christi zuzuschreiben. Er hat es so angeordnet, als er befahl, unter dem Brot seinen Leib zu essen und unter dem Wein sein Blut zu trinken, nicht, sie aufzubehalten. Würden wir auf unser Handeln achten, dass es erst das Sakrament machte, wäre das falsch. Weil aber Christus es so eingesetzt hat, muss es dabei bleiben, egal was andere gegen und ohne Gottes Ordnung tun.

Ist es richtig, das Sakrament außerhalb des Gebrauchs anzubeten?

Wir haben gezeigt, dass die Elemente außerhalb des Gebrauchs kein Sakrament sind. Auch sind im Sakrament auch immer Brot und Wein bei Leib und Blut dabei. Deshalb muss die Anrufung des Sakraments außerhalb des Gebrauchs ein großer Irrtum und eine Vergötzung sein. Denn es wird ja dann auch Brot und Wein mit angebetet, was Vergötzung ist, schon, wenn es während des Gebrauchs passiert, vielmehr aber danach, da ja kein Leib und Blut vorhanden sind. Auch haben wir kein Gebot, das Sakrament während des Gebrauchs anzubeten, viel weniger noch außerhalb des Gebrauchs. Wen ich anrufe, an den glaube ich – ich glaube aber nicht an das Sakrament, auch wenn ich glaube, dass es ein Sakrament ist. Genauso glaube ich daran, dass es eine Gemeinschaft der Heiligen gibt, und doch glaube ich nicht an die Gemeinschaft der Heiligen. Darum kann und soll ich auch das Sakrament nicht anbeten. Ganz zu schweigen davon, dass in der ganzen Schrift nicht einmal erwähnt wird, dass die Apostel oder andere das Sakrament angebetet hätten. Wir beten Jesus Christus an. Beim Sakrament aber beten wir nicht das Sakrament selbst an, denn es ist nicht der reine Christus, sondern Brot und Wein gehören auch dazu.

Aus: B. Carpzov (Hrsg.): Ev. Handbüchlein wider das Papsttum, Leipzig 1722

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